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Kultur: „Noch male ich zu wild“

Zur Ausstellung im Lapis Lazuli: Im Gespräch mit dem Künstler Menno Veldhuis

Stand:

Herr Veldhuis, warum stecken Sie den Maler Vincent van Gogh in einen Mähdrescher?

Van Gogh hat die Ernte oft thematisiert. Ich habe da so eine Vorstellung gehabt, von einem Mähdrescher als rebellierende Maschine, die sich plötzlich gegen den Menschen wendet. Das ist ein bisschen auch so mit der Malerei. Der Maler kann von der Malerei nicht leben, aber ohne auch nicht.

Ihre neuen Ölbilder zeigen alle van Gogh. Er konnte zu Lebzeiten kaum Bilder verkaufen, wurde verkannt. Ziehen Sie den Vergleich zu Ihrem eigenen Leben?

Zum Beispiel ist er als Holländer ins Ausland gegangen. Wie ich.

...man hört es an Ihrem Akzent. Sie sind 2004 der Liebe wegen aus dem niederländischen Arnheim nach Potsdam gezogen...

Ja, und Van Gogh, der ist wie eine Ikone für Leidenschaft, geistige Verwirrung und Besessenheit für Malerei. Ich wills jetzt nicht so weit treiben, aber ich bin auch jedenTag vier, fünf Stunden im Atelier. Ich muss malen, malen, malen. Und ich male van Gogh, weil ich Lücken schließen will.

Welche Lücken?

Es gibt keine Fotos, nur eins als Kind und eins in der Malklasse. Und darauf schaut er immer ernst aus wie auch auf seinen Selbstporträts. Darum lasse ich ihn auf einem Bild lächeln. Er versucht es. Aber es gelingt ihm nicht. Er grinst nur schief.

Ihre Bilder stellen Sie vor allem in Cafés aus – wie hier im Lapis Lazuli in der Benkertstraße. Sie kosten zwischen 100 und 600 Euro. Haben Sie auch versucht, Galerien für sich zu finden?

Ja, ich habe zum Beispiel mit dem Potsdamer Galeristen Rainer Sperl gesprochen. Er hat gesagt, ich hätte Potenzial, aber noch würde ich zu wild malen.

Und wären Berliner Galerien eine Option?

Ja, ich habe dort mit einer Arbeitsmappe Galerien abgeklappert. Aber es liegt mir nicht, mich zu verkaufen. Ich komme mir dabei so nackt vor.

Wovon leben Sie dann?

Ich bekomme Hilfe vom Amt.

Sie haben zwei Jahre Malerei und genauso lange Kunstgeschichte studiert. Sie sind jetzt 33. Glauben Sie, dass Ihre Kunst Sie irgendwann ernährt?

Als Künstler gilt man mit 40 noch als jung. Aber das ist dann auch die Grenze.

Haben Sie trotzdem manchmal Angst?

Ja, Existenzängste. Ich benutze sie beim Malen, versuche, sie so zu überwinden. Ich habe es auch mit anderer Arbeit versucht, aber dann hat man nur noch an den Wochenenden Zeit zu malen. Dann wird man Sonntagsmaler und dafür ist die Kraft in mir zu groß.

Wie fühlt sich diese Kraft an?

Es macht Spaß. Sich auf eine leere Leinwand zu stürzen ist schön. Malerei ist ein Prozess – ganz anders als musizieren. Da drückt man die Tasten und der Ton kommt sofort raus.

Sie musizieren?

Früher habe ich viel gespielt: Klavier, Gitarre und gesungen habe ich auch. Ich bin damit in Holland sogar im Radio aufgetreten. Aber mit 15 habe ich aufgehört. Da hatte ich keine Lust mehr.

Mit der Malerei ist es anders?

Ja, Malen ist ein ständiger Dialog mit den Bildern. Zum Beispiel bei meiner Minotaurosserie: Da haben Journalisten zu mir gesagt: Hey, Sie haben ja die vier Elemente verwendet. Ich hatte den Minotauros in Wasser, Feuer, Erde und Luft gemalt. Das war mir aber gar nicht bewusst.

Als hätten die Bilder es selbst gesagt?

Ja, sie geben ganz viel zurück. Es ist, als ob ich in meinem Atelier von lauter Kindern umgeben bin. Wie eine Familie. Wenn ich nach Hause komme, brauche ich erst mal Ruhe. Dann lege ich einen Film ein und bin eigentlich wieder allein. Dabei bin ich sehr menschenbedürftig.

Gespräch: Juliane Wedemeyer

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