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Kultur: Nordlichter grün und gestreift

Ausstellung von Andreas Barth und Mike Strauch in der Galerie Q5: Samstag ist Vernissage

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Früher war hier die Besetzerkneipe „Boumanns“. Heute befindet sich hinter den Schaufenstern der Kurfürstenstraße 5 eine junge Bürogemeinschaft mit Sinn für Kunst. Vier oder fünf Mal im Jahr machen die großen Tische eines Ingenieurs, eines Architekten und einer Designerin zeitgenössischer Kunst Platz. Für das Eröffnungswochenende verwandeln sich die Räume in eine Galerie. Später kommen die Möbel zurück, die Bilder können weiter betrachtet werden.

Das mit der Kunst fing mit groß gedruckten Gedichten an, die in die Fenster gehängt wurden. „Wir merkten“, sagt Axel Ganzer, der seinen Tisch direkt an der Straße hat, „dass wir von Passanten beobachtet werden, und wollten etwas zurück geben.“ Aus den Gedichten wurden Bilder, die Peter Kreissl von der Produzentengalerie „A. G. – Galerie für zeitgenössische Kunst“ mitbringt. Der Potsdamer ist gelernter Arzt und über Zufälle zum Manager von sechs Künstlern geworden. Deren Heimat liegt eigentlich in Mecklenburg. Dort, in Plüschow, direkt an der neuen A 20, hat die Stadt in einem alten Schloss ein Kunstzentrum mit Ausstellungsfläche und Ateliers eingerichtet. Kreissl und seine Künstler leben in der Umgebung, man betreibt zusammen die Produzentengalerie im Schloss.

Zwei ihrer Maler werden nun ab Samstag in Potsdam zu sehen sein.

Die Landschaften von Mike Strauch sind in den immer gleichen kalten Türkis-, Grün- und Blautönen gemalt. Strauch erschafft diese menschenleeren Szenerien am Computer oder greift auf Bilder zurück, die er in Illustrierten oder dem Fernsehen gefunden hat. Weiße Gebäudeteile, ein Pool in sattgrüner Umgebung, wolkenloser Himmel. Harte Schatten, gleißendes Licht. Auch wenn man das nicht sofort bemerke, sagt Strauch von seinen Arbeiten, Mecklenburg, wohin er nach dem Studium an der Kunsthochschule in Dresden zog, ließe sich in seinen Arbeiten wiederfinden.

Das sei auch so bei seinem Kollegen Andreas Barth. Dieser verzichtet allerdings auf die Darstellung von Gegenständlichkeit völlig. Barth, der zweite Künstler in der am Samstag eröffnenden Ausstellung, unterteilt die Leinwand in Streifen, seltener in Quadrate. Er zeigt die reine Farbe losgelöst jedweder Form. Die Farbmuster entnimmt er dem Alltag. Sie können auch schon mal aus einem Küchenprospekt stammen.

Die Positionen der Künstler mit zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen wirken beinahe gegensätzlich. Was die beiden Teilnehmer an der letzten Art Cologne jedoch vereint und was Q 5 deshalb überaus interessant macht, ist deren aktueller Bezug zum gegenwärtigen Kunstdiskurs, in dessen Zentrum seit einiger Zeit die Malerei eine Blüte erlebt. Hier sehen die Organisatoren auch eine echte Lücke in Potsdam, wo zwar auch die Moderne ihren Platz in der Galerienlandschaft hat, ihrer Meinung nach aber eher die klassische, nicht die aktuelle. Womit beschäftigt sich die Malerei im Jahr 2007? Wie findet die Wirklichkeit – jetzt gerade – Abbildung? Strauchs und Barths Arbeiten sind ein guter Ausgangspunkt, um die internationalen Einflüsse und Strömungen zur Kenntnis zu nehmen. Hier arbeiten zwei Künstler, die sich aus ihrer mecklenburgischen Abgeschiedenheit heraus mit ihren Kollegen im ganzen Land austauschen und sich an ihnen messen lassen können.

Tatsächlich schaut man auch selbstbewusst in die Hauptstadt: „Natürlich wollen wir in Berlin bestehen“, meint Kreissl, der sich dort auch eine temporäre Ausstellung gut vorstellen kann. In Plüschow will man jedoch bleiben. Der Sitz im Kunstschloss hat viele Vorteile. „Bleibt bloß da!“, warnten immer wieder Berliner Kollegen, die unter der großen Konkurrenz zu leiden haben. In ganz Mecklenburg dagegen, sagt Kreissl, gäbe es acht oder neun Galerien für zeitgenössische Kunst. So wird einem mehr Aufmerksamkeit zuteil.

In Potsdam wirbt die Galerie Q 5 um diese mit einer Vernissage-Feier, wie sie sich auf der ersten Langen Nacht der Galerien bereits bewährte. Nachdem Asja Wolf aus Berlin eine Einführung zu den Werken gegeben hat, kocht der Bioladen „Labsal“ aus Potsdam-West Gesundes. Eine gepflegte Party wird sich anschließen.

Galerie Q5, Kurfürstenstr. 5. Vernissage Sa. 13. Januar, 19 Uhr, So.: 13 - 18 Uhr; Mo - Fr. 10 - 18 Uhr. Bis 25. Februar.

Matthias Hassenpflug

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