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Kultur: Offenes Ordnungssystem

Klaus J. Schoen in der Galerie für konkrete Kunst

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Klaus J. Schoen in der Galerie für konkrete Kunst Er baut seine Arbeiten weder auf Mystifikation, Nostalgie, Flucht in die Vergangenheit oder in die Natur auf noch verneint, verschönert oder zerstört er, er illustriert und erzählt auch nicht, sondern: Er „plant“, er „konstruiert“ mit ingenieurhafter Genauigkeit konkrete Wirklichkeiten. Die visuelle Information ist aufs Äußerste reduziert, alles Überflüssige ist ausgeschaltet. Sein rationales Konzept unterstellt der Berliner Maler Klaus J. Schoen ganz der Kontrolle der Wahrnehmung. Im strengen Sinne sind seine Arbeiten konstruktiv. Seine Tafelbilder, meist Quadrate, sind eigentlich Bildobjekte, weil sie den Eindruck von Räumlichkeit vermitteln. Schwarze Flächen stehen weißen gegenüber, schieben sich nach vorn oder ordnen sich dahinter ein. Es sind eigentlich Schwarzformen und Weißformen, geometrische Körper, die ständig ihre Maßverhältnisse verändern. Sie nehmen die Seitenränder ein, sie scheinen die tatsächliche Bildfläche nach der einen oder anderen Seite, aber auch nach unten und oben zu überschreiten. Vertikale Linien auf der Fläche agieren als „Trennungen“, sie liegen scheinbar auf einer Ebene und bewirken doch Tiefe. Durch Variieren der Linienbreite - mal als blassblauer Streifen (und Blau assoziiert räumliche Tiefe und steht symbolisch für Vergeistigung), mal als nur fragiler Strich - und Variieren der Abstände zwischen den schwarzen und weißen Markierungen wechseln die räumlichen Eindrücke ständig. Man muss schon genau hinschauen, um den Übergang vom kaum Sichtbaren zum Sichtbaren mitvollziehen, das Verhältnis von Proportion und Disproportion, von stabilem und labilem Gleichgewicht, Statik und Dynamik, Gleichklang und Dissonanz von Masse und Linie erkennen zu können. Aber es geht weiter. Zwei Diagonalen, aus kürzer und aus länger werdenden Frequenzen (Frequenzen des Zeit- oder Lebensrhythmus), aus Anläufen, Abläufen, Rhythmen, Stauungen, Anschwellungen und Reduktionen bestehend, überkreuzen sich. Die Linie als Gleichnis zum Leben, zum Schicksal und dessen Verflechtungen. Wird die Diagonale in die Horizontale gedreht, werden die Horizontalen zu Diagonalen. Und umgekehrt. Kein Modul, keine Form wiederholt sich, unendlich scheinen die Variationen zu sein, sie vermögen von oben nach unten und umgekehrt, nach beiden Seiten, aber auch quer über das Bildfeld miteinander zu kommunizieren. So entsteht ein kinematischer Effekt im Bild. War man zunächst geneigt, hier von einem System zu sprechen, zeigt sich jetzt, dass es überhaupt keine Systemhaftigkeit im Bildaufbau gibt. In Schoens Malerei existiert kein hieratisches Prinzip, die offenen, flexiblen Strukturen sichern den einzelnen Elementen völlige Gleichberechtigung zu, lassen sie in gegenseitiger Abhängigkeit das Ganze bilden. Zudem widerläuft Asymmetrie den gewohnten Kriterien des Tafelbildes und gibt ihnen eben die Eigenschaften von Bildobjekten. Doch letztendlich soll Harmonie das Resultat dieses konsequenten Reduktionsprozesses sein. Dabei sind konstruktive und transzendente Erfahrungen miteinander verbunden. Rationale, erklärbare Methoden haben hier irrationale, unerklärliche Effekte erzeugt. Klaus J. Schoens geometrische Abstraktionen heben sich als klar gegliedertes, überschaubares und in allen Teilen offenes Ordnungssystem dann anschaulich ins Bewusstsein des Betrachters, wenn dieser wirklich bereit ist, die künstlerische Strategie Schoens zu erkunden. Klaus Hammer Galerie für konkrete Kunst Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 33, Fr-So 14-17 Uhr, bis 30. März.

Klaus Hammer

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