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Kultur: Ohne Attitüden

Stereo Total in der fabrik gaben sich gelassen

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Schön, wie bescheiden Ruhm sich geben kann. Am Donnerstag Abend schlich er sich, quasi durch die Hintertür, in Gestalt von Stereo Total zum Gastauftritt in die fabrik. Keine kreischenden Fanmassen, die sich in den überfüllten Saal drängen, keine schmachtenden Groupies. Oder zumindest so wenige, dass sie nicht auffallen. Stereo Total, das sind Françoise Cactus, die Sängerin mit der kindlich-übermütigen Stimme, die so reizvoll immer klingt, als gehöre sie einer 13-Jährigen, die nicht genau weiß, wovon sie eigentlich singt. Und Brezel Göring, der wilde Mann an der Gitarre, der bei live-Auftritten gerne das Punkige herausläßt, das ihre Alben sonst musikalisch kaum haben. Mit dem Aufritt in der fabrik feierten die beiden ihr neuestes Album, „Diskothèque“, das letztes Jahr erschienen ist.

Der Name ist Programm: viele Songs auf der neuen CD sind Disko-tauglich gecoverte Versionen älterer Stücke. Das Gute an den neuen Songs, wie zum Beispiel „Relax Baby, be cool“, sei, dass sie gut seien, ließ Cactus verlauten. Das Schlechte allerdings, „dass wir sie noch nicht so gut können“. Zusammen mit einigen technischen Problemen hätte das leicht eine ziemliche Pleite, oder aber zumindest reichlich peinlich werden können. Das Duo ließ sich jedoch weder vom einen noch vom anderen aus der Ruhe bringen. Und da ihre Musik ohnehin und absichtlich mit schrägen Tönen spielt, boten Stereo Total 90 Minuten lang das, was sie wohl auch bieten wollen: gute, leichte und tanzbare Elektro-Pop-Unterhaltung. Das Erfrischende dabei ist, dass sie trotz ihres erstaunlichen Erfolgs weltweit – das nächste Konzert führt sie nach Istanbul – ihre eigene Musik nach wie vor mit ironischem Abstand machen und betrachten. Der alte Hit „Für immer Sechzehn“ wurde von Cactus dementsprechend als „die Krönung des Minimalismus“ angekündigt: „ein ganzes Lied aus nur einem Akkord“. Das Publikum lacht. Und tanzt.

Ihre Ironie macht Stereo Total geradezu unangreifbar gegen kleinliche Kritteleien, wie zum Beispiel die Anmerkung, dass ihr Liedgut nichts wirklich Neues erzählt und Melodien sich gern wiederholen. Sie wissen das, und es macht ihnen nichts aus. Stereo Total sind nicht die Band fürs Zähe, Nachdenkliche, sie wollen spielen, necken, ein klein wenig vielleicht auch mit ihrer Naivität provozieren. Und wer mitspielen will, wird das sogar sehr genießen. Lena Schneider

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