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Kultur: Ohne sie können wir nicht

Kammerakademie veranstaltet Workshop mit Gymnasiasten zu „Cosi fan tutte“

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Welchen Reim machen sich die Schüler der 10. Klasse über die „Unwahrscheinlichkeiten“, die sich in der Mozart-Oper „Cosi fan tutte“ ereignen. So fragte man es sich während eines Workshops im Michendorfer Wolkenberg-Gymnasium.

Zwei junge Männer, Ferrando und Guglielmo, sollen per Wette die Untreue ihrer Verlobten, Fiordiligi und Dorabella, erkunden. Beide Damen erkennen bei den wechselnden Kostümierungen ihrer Liebhaber dieses „Experiment“ nicht. Es gibt Inszenierungen, die am Schluss eine ungestörte Harmonie bei den Paaren zeigen oder auch Verstörungen bei einem „gewaltsam“ hergestellten Happy End.

Ist die Handlung der Oper heute noch zu verstehen? An diesem Vormittag im Wolkenberg-Gymnasium schien es, als ob die Schüler nicht danach fragten. Willig ließen sie sich von der Berliner Theatermusikpädagogin Iris Winkler durch das Stück führen, das 1790 in Wien uraufgeführt wurde. Und vielleicht kam man nach dem Workshop zu ein paar Erkenntnissen in Gesprächen untereinander und im eigenen Nachdenken. Sicherlich wird die Generalprobe zur Wiederaufnahme der Inszenierung im Schlosstheater im Neuen Palais, die die Gymnasiasten dieser Tage besuchen, dazu einen Beitrag leisten. Sie werden eine Aufführung des Hans Otto Theaters und der Kammerakademie Potsdam im Rahmen der „Potsdamer Winteroper“ erleben.

Zwischen der Kammerakademie und dem Michendorfer Gymnasium gibt es seit längerem eine kontinuierliche Zusammenarbeit. Konzerteinführungen durch Orchestermitglieder in der Schule, Probenbesuche im Nikolaisaal, Workshops und Konzertkarten zum Sondertarif wecken die Neugier und das Interesse der Schüler. Sie sollen natürlich auch die Scheu vor dem anscheinend altehrwürdigen Konzertbetrieb abbauen helfen.

Die Kammerakademie-Geigerin Isabel Stegner, die sich für dieses Projekt stark gemacht hat, nahm ihre Kollegen Bettina Lange, Flöte, Thomas Kretschmer, Violine, und Kathrin Sutor, Violoncello, mit ins Gymnasium nach Michendorf, um den Schülern ein musikalisches Live-Erlebnis zu bescheren. Über die Geschichte und die Handlung haben die Gymnasiasten im Vorfeld von ihren Musiklehrerinnen bereits so manches erfahren. Über den Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart sowieso. Nun galt es durch eigenes Handeln, also durch szenisches Spiel, die Oper näher kennenzulernen. Iris Winkler, die seit 2003 unter anderen an der Berliner Staatsoper als freiberufliche Musiktheaterpädagogin Spielkonzepte zu Opern entwickelt und Workshops für Kinder, Schüler und Erwachsene leitet, macht es durch ihre frische und kommunikative Art den jungen Leuten leicht, in die Rollen der sechs Protagonisten der Oper zu schlüpfen. Zunächst erwärmen sie sich bei „Etüden“, in dem sie mit einer entsprechenden Haltung die jeweilige Person vor ihren Mitschülern präsentieren. Mancher spielt ganz leicht und locker, andere noch etwas verkrampft, jedoch sind alle mit Ernsthaftigkeit bei der Sache. Ob Mädchen oder Jungen.

Dann erzählt Iris Winkler die gesamte Geschichte und die Schüler stellen sie dar. Mit einer improvisierten Textpassage beleben die Spieler die Szene. Die Kammerakademie-Mitglieder musizieren dazu jeweils eine wichtige Piece der Handlung und Stimmung. So ist man gut in der Oper drin. Die zuschauenden Schüler verfolgen das Geschehen mit Interesse und Lachen , sind aber selbst nicht untätig. Sie bilden den Chor für „Bella vita militar“.

Tags zuvor gab es einen Workshop mit der 12. Klasse. Da wurde ebenfalls gespielt und gesungen, nachgedacht über Vorurteile zwischen den Geschlechtern. Die Schüler haben für den Chor sogar einen neuen Text verfasst. Da wussten die Mädchen über die Jungen zu sagen: „Männer trinken immer Bier, das alleine hassen wir. Ja, sie glotzen immer Fußball, ihre Liebe gilt dem Auto, und kein Fleck darf auf ihm sein.“ Und die Jungen über die Mädchen: „Frauen sind zickig und kaufsüchtig, hab“n “zig Schuhe und verstehn viel falsch.“ Doch dann heißt es: „Aber ohne sie können wir nicht.“ Eben „Cosi fan tutte“ – so machen“s alle. Die Angst vor einer Opernaufführung ist verschwunden.

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