Kultur: Party mit dem Hip-Hop-Hippie
Musikalischer Kosmopolit: Mellow Mark feiert seinen schweißtreibenden Polterabend im Waldschloss
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Zustände wie beim Turmbau zu Babel herrschen vor dem Konzert von Mellow Mark im Waldschloss am Freitagabend. Auf der Wiese vor dem Eingang sitzt eine Spanisch sprechende Gruppe, an der Bar fragt ein Mittzwanziger auf Englisch nach Cocktails und ein Russe lässt sich die Artikel am Merchandise-Stand vorführen. Natürlich ist Mellow Mark ein Kosmopolit, aber kommen jetzt wirklich schon Fans aus der ganzen Welt für seinen Auftritt in Potsdam angereist?
Als der Support Dibo Rakete, Mellow Mark und seiner zukünftigen Frau alles Gute wünscht, dämmert es. Investigative Recherchen ergeben folgendes: Mellow Mark wird in zwei Tagen eine Dame aus Andalusien heiraten. Aha! So hört man diesmal nicht nur die Standard-Frage „Alles klar Potsdam?“, sondern auch „Wo sind meine Jungs aus Südafrika, UK, Spanien?“, um seine Freunde aus aller Welt zu begrüßen. Die Spanier sind eindeutig in der Überzahl und feiern zusammen mit dem „normalen Publikum“ den zukünftigen Bräutigam und seine Band. Die Grenze zwischen Familienfest und Konzert ist an diesem Abend fließend. Mellow Mark widmet Songs Personen aus dem Publikum und ein tanzwütiger Kumpel springt für ein kleines Tänzchen auf die Bühne. Der „Hip-Hop-Hippie“ präsentiert an diesem Abend schon einige Songs seiner im August erscheinenden CD „Metropolis“, legt aber den musikalischen Schwerpunkt auf die tanzbaren Nummern von „Sturm“ (2003) und „Das 5te Element“ (2004).
Einfallslos könnte man seine Musik in die Schublade mit der Aufschrift „World Music“ stecken, würde seiner musikalischen Vielschichtigkeit aber nicht gerecht werden. Wie seine Biografie, die geprägt ist vom Suchen, Reisen und Entdecken, kommt er auch in seiner Musik nicht zur Ruhe. Sein Mix ist das Ergebnis einer globalen Plündertour und lässt sich irgendwo in den Nischen von Reggae, Salsa und Hip Hop orten. Seine Texte liegen dabei zwischen Sozial-Kritik und schnulzigem Kitsch. Das Publikum wirkt, als hätte es die letzten Jahre ein Tanzverbot auferlegt bekommen und müsse jetzt alles nachholen. Vom ersten Ton tanzt und springt es begeistert mit. Der Sound der Ruffcats, der Live-Band von Mellow Mark, ist gewaltig, lässt aber manchmal die Stimme des Sängers dünn im Raum stehen. Zum Glück bekommt Mark Unterstützung von zwei bezaubernden Sängerinnen und natürlich Pyro, dem hyperaktiven Zappel-Rapper. Als ob es noch nötig wäre, beheizt Pyro den Saal zwischendurch noch durch eine kleine Feuershow. Dieses Talent und sein Jonglieren mit Messern und Bällen passen zwar nicht recht in die Show, so wissen wir aber wenigstens, was der Knabe noch alles kann.
Nach zwei Stunden verklingt der letzte Song und geradezu entrüstet, fordert der spanische Block: „Otra! Noch einen!“. Lange lässt sich Mellow Mark nicht bitten und hängt noch eine knackige halbe Stunde ran. „Alle abgeh“n! Alle durchdreh“n!" Der Befehl wird befolgt, noch ehe er den Weg durch die Boxen gefunden hat. Mit dem Ausrufen der „Soul-Revolution“ geht der Auftritt zu Ende. Das Volk aus Babel ist erschöpft und der Lunge wird eine Extra-Portion Sauerstoff gegönnt. Genau das richtige nach diesem schweißtreibenden Polterabend.
Christoph Henkel
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