Kultur: Pikant
Erotisches in der Galerie am Neuen Palais
Stand:
Und ewig lockt das Weib! Zum dritten Mal schon seit 2000 stellt Jürgen Oswald in seiner Galerie Am Neuen Palais erotische Künste zur Schau. „Herbstsalon 2006“ vereint auf einer beachtlichen Ausstellungsfläche 21 Künstler mit mehr als hundertzwanzig Arbeiten, vorwiegend Malerei, aber auch Plastiken, Grafik und Metallgetriebenes, etwa ein goldenes Hinterteil, das man sich an die Wand hängen kann. Die erotische Präsenz reicht vom baden-württembergischen Boxberg an der Umpfer über Hagen und Hamburg bis nach Potsdam und Berlin. Mit dem US-Amerikaner Kedron Barrett und dem Ukrainer Alexandr Antoniuk bekommt diese recht pikante Exposition auch internationales Flair. Klar, dass solche Sachen ihre Kreise ziehen, zur Vernissage am Sonntag waren mehr als vierhundert Gucker gekommen, natürlich durchweg Kunstinteressierte.
Zu sehen ist ja auch mehr als genug. Wenige nur haben sich die Mühe gemacht, auch mal einen männlichen Menschen abzubilden, dafür gibt“s der Damen überreichlich. Die Palette reicht vom etwas platten Abbild sich selbst erotisierender Damen (eine sogar mit einem röhrenden Hirsch) in lieblichen Landschaften, über lebensgroße Holzplastiken, von Peer Oliver Nau mit der Kettensäge geformt und bunt angemalt, bis zu durchgestalteten Sujets der gehobenen Art. Schon am Eingang begrüßt eine solche Dame wohlbestrumpft den Besucher. Sonst ist sie aber, besonders „unten“, sehr unbedeckt, sie verhüllt ihren Leib mit einem bläulichen Fächer, blaue Augen schauen, und in Händen hält sie ein Stöckchen, dessen Spitze die so beliebte Anthurie ziert, ein Sexualsymbol. Auch ein Hahn ist dabei, Titel: „Wenn ich will, legen Hähne Eier...“ Man glaubt“s schon, kein einziges Härchen ist dran. Andere Darstellungen von Rosmarie Wehnert sind eher witzig, etwa „Komm auf die Schaukel, Louis“.
Etwas rätselhaft sind die Adaptionen von Günther Hauschildt. Er versucht mit „Manets Olympia und der Diätassistent“ sowie „Malschüler im Atelier von David“ den ästhetischen Brückenschlag zwischen Gestern und Heute. Von Alexandr Antoniuk findet man etwas flächig geratene „Nachtbadende“ nebst Vollmond, entzückend Surreales von Ingolf Höhl, aber auch torsohaft Gestaltetes in Reduktion auf das, was zum Beispiel Oda Schielicke für das Wesentliche hält. Ein Genrebild von Hauschildt ist besonders witzig: Drei Malschülerinnen betrachten interessiert den Stolz ihres männlichen Modells, indes er nicht mehr weiß, wohin er blicken soll. Man sieht bei dieser Verkaufsausstellung sofort, wo Kunst ist, wo nur die Lust, denn wahre Erotik verdeckt, was sie zeigen will.
Sitzen zwei Nackte mit herausforderndem Blick und gespreizten Beinen auf Stühlen, indes ihre Füße die gröbsten Schuhe tragen, so hätte sich die griechische Porne gefreut, deutet man aber mehr an, als man sieht, so ist das ganz etwas anderes. Eine Herausforderung sind die großformatigen Bilder von Hermann Lüdecke, worin sich die Zuneigung eines Weibes zum Knautschi-Hund derart wandelt, bis die Ärmste unten zum Tier wird.
Grafiken viele: Serien kopulierender Paare von Bodo Henke, auf das agierende Instrumentarium beschränkt, Barrett zeigt mit seiner Monotypie „Freizügigkeit“, was ein echtes Brustbild ist. Das Beste stammt von dem kürzlich verstorbenen Hallenser Norbert Wientzkowski, das Schönste, für unsereinen, von Alfred Schmidt. Es sind pastellene Blumenbilder von Calla und Magnolie, Tulpe und Mohn. Schön, dass Jürgen Oswald sie in den „Salon“ aufgenommen hat. Was sind Blüten denn anderes als die offenen Geschlechtsorgane der Pflanze?
Gerold Paul
Bis zum 10. Dezember, Freitag bis Sonntag 13 bis 18 Uhr.
Gerold Paul
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