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Kultur: Polarisierende Symbolik

Ludek Pesek Pachl stellt im Café „11-line“ aus

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Natürlich ist es eine Provokation, was der tschechische Künstler Ludek Pesek Pachl als Bilderserie an die Wand des Galeriecafés „11-line“ hängt, aber das Provozieren liegt Pachl einfach im Blut: große, rote Acrylbilder im Format 1 Meter mal 1 Meter, bei denen sich nur das Innere ändert; es ist die Hakenkreuzflagge, ein plakatives Symbol, welches drohend und vorwurfsvoll an der Wand hängt – nur eben ohne das Hakenkreuz in der Mitte. Pachl ändert die Symbolik kurzerhand, indem er das Symbol selbst ersetzt: Statt des Hakenkreuzes ist in der Mitte des Bildes nun in sattem Schwarz etwas ganz anderes zu sehen, Munchs Kopf aus „Der Schrei“ etwa, den Pachl sich kurzerhand ausborgt, zum Kuss geschürzte Lippen – oder eben der Maulwurf aus der tschechischen Zeichentrickserie. Ganz oft aber auch Motive aus seinem Lieblingsbuch, „Der brave Soldat Schwejk“, welches von Pachls Lieblingsmaler Josef Lada illustriert wurde – diese Motive finden sich auch als großflächige Tätowierungen auf Pachls Körper.

Pachl ist eben Punk, ein ewiger Rebell, der weiß, dass die großen Gesten eben manchmal die attraktivsten sind. Und er bedient sich der Elemente der Pop-Art, eine reduzierte Darstellung, bei der Verfremdung und eben auch die Idee selbst im Vordergrund stehen. Pachl, geboren im tschechischen Most, ist Autodidakt, hatte sich aber schon sehr früh der Kunst verschrieben. Als Punk in einem kommunistischen System Repressalien ausgesetzt, verschlug es ihn nach der Wende zunächst nach Italien, später nach Berlin – die plötzliche Freiheit musste der junge Tscheche einfach auskosten. Seinen Trip nach Neapel bezahlte Pachl damals, 1992, mit dem Honorar, das er für die Gestaltung des Plattencovers der tschechischen Metalkapelle „Four Seats For Invalides“ bekam. „Ich habe ganz viele Plattencover gestaltet damals, das wurde aber nie richtig bezahlt“, erzählt Pachl. Manche kamen erst spät zu Ruhm: 2002 zeichnete er ein Plattencover für die Berliner Punkband „The Shocks“, das zwar bezahlt, aber nicht verwendet wurde. Aus diesem Motiv machte er eine Siebdruckserie – die sich hervorragend verkaufte, zum Stückpreis von 150 Euro.

Die jetzt ausgestellte Serie wird jedoch kein Plattencover mehr werden, die braucht Pachl nicht mehr zu zeichnen. Neben seinem tschechischen Laden namens „Tuzex“ im Prenzlauer Berg widmet er sich ganz der Kunst. Und dass gerade seine provokanten Arbeiten auf so viel Echo stoßen, freut ihn ganz besonders: „Ich provoziere euch Deutsche gern“, sagt Pachl grinsend. Einmal habe er diese Bilder bei einem Kunsthappening im Mauerpark ausgestellt, einfach an Bäume gehängt, wie er sagt – und damit allen anderen die Show gestohlen. Und genauso sei auch die Reaktion auf seine Bilder: Pachl polarisiert, entweder finde man seine Arbeiten „total cool oder absolut scheiße“, sagt er. Für diejenigen, die sich seine Bilder nicht leisten können, bietet er die Motive auch auf T-Shirts an. Sein großer Traum sind jedoch ganz große Bilder, im Format 3 mal 3 Meter zum Beispiel. Aber diese werde er einfach nicht los: „Wir sind hier nicht in New York. So etwas kauft mir einfach keiner ab.“ Oliver Dietrich

Die Ausstellung „Rebel Art“ von Ludek Pesek Pachl ist noch bis zum 1. Mai im Café „11-line“ in der Charlottenstraße 119 zu sehen

Oliver Dietrich

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