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Volker Koepp im Filmmuseum Potsdam: Politische Landschaftsmalerei
Volker Koepp widmet sich wieder der Uckermark. Am Mittwoch ist er zu Gast im Filmmuseum.
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Der Himmel ist wie immer weit bei Volker Koepp. Der Dokumentarfilm-Regisseur zeigt in seinem neuen Film „Landstück“ wunderschön langanhaltende Einstellungen von der schier endlos scheinenden Landschaft in der Uckermark. Nichts als Himmel, Hügel, Felder. Des Nachts aber dieses Geblinke am Himmel – als ob die riesigen Windkraftanlagen Signale senden wie aus einer anderen Welt.
Es ist die Globalisierung vor der eigenen Haustür, der sich Volker Koepp diesmal widmet. Der Dokumentarfilmer lebt in Berlin und in der Uckermark. Im heutigen Lieblingsausflugsziel der Hauptstädter, in der Gegend nördlich von Berlin spielen bereits zwei seiner früheren Dokumentarfilme „Weites Land“, 1976, und „Uckermark“ von 2001. „Landstück“ aber ist sein wohl politischster Film. Denn es geht nicht nur um atemberaubend schöne Landschaften, sondern um den Ausverkauf der landwirtschaftlichen Flächen. Die Bodenpreise in der Uckermark haben sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht. Die 30 000 Euro für einen Hektar könne er in seinem ganzen Leben nicht mehr erwirtschaften, sagt etwa ein Ökolandwirt im Film. Für ausländische Investoren rentiert sich der Kauf riesiger Flächen, wenn sie intensiv konventionelle Landwirtschaft darauf betreiben. „Das Landgrabbing passierte eben auch in der Uckermark“, sagt Volker Koepp. Damit ändere sich auch die Art der Bewirtschaftung. Lediglich zehn Prozent der Flächen würden noch vernünftig bearbeitet. Der Rest kann auf den Einsatz von Chemie nicht verzichten, um profitabel zu arbeiten. Angebaut werden Mais und Raps in Monokulturen, denn dafür gibt es die meisten Fördergelder.
Letztlich ist diese Großagrarindustrie zwar nichts anderes als die Erfüllung der sozialistischen Landwirtschaft, wie Koepp sie in seinem ersten Uckermark-Film 1976 „Weites Land“ gedreht habe. Nur geschieht sie natürlich unter anderen Vorzeichen. Denn der Anstieg der Bodenpreise ist direkte Folge der Krise auf dem Kapitalmarkt. Die Finanzkraft sucht neue Anlagemöglichkeiten – in der Uckermark sind sie zu finden.
Die Alternative zu den Großinvestoren, die im Film nicht zu Wort kommen, da ja auch nicht wirklich anwesend, bilden verschiedene Biobauern und der Biologe Michael Succow. Er ist Träger des Alternativen Nobelpreises und hat als Umweltminister der ersten Nachwenderegierung dafür gesorgt, dass ein Teil des Landes unter Naturschutz steht – und damit bis heute den Fängen der Investoren entzogen ist. Und auch Biobauern wie Rolf Henke, einst Raubdrucker im linken Milieu Westberlins, sind in „Landstück“ das hoffnungsvolle Gegengewicht zu den gesichtslosen Kräften der Finanzwelt. Vor allem dann, wenn sie mit ihrer Solidarität untereinander der Globalisierung leise den Kampf ansagen. Mit Hilfe eines Biobodenfonds hat Henke zusammen mit Gleichgesinnten es geschafft, auf einem eigenen Gürtel an Flächen Biolandwirtschaft zu betreiben.
Aber Koepp ist kein politischer Agitator wie etwa ein Michael Moore. Allein das Wort „investigativ“ geht ihm schwer über die Lippen. Es ist so gar nicht seine Art zu filmen: Koepp beobachtet und dokumentiert Menschen, die ihm nahestehen. „Landstück“ sei wie ein „Spazierengehen, die Gegend lieb zu gewinnen“, sagt der 71-Jährige. So verwundert es auch nicht, dass selbst die riesigen Rapsflächen unter dem Blick seiner Kamerafrau Lotta Kilian anmutig wirken. Landschaftspoesie statt politischer Aufruf. Doch die Schönheit der Bilder trügt und auf diesen Erkenntnisgewinn setzt der Film.
Zorn über die Zustände und das Versagen der Politik ist aber auch bei Koepp da. Etwa wenn er sagt: „Als ich wieder rausfuhr nach den Filmstarts, das erste, was mir begegnet, waren wieder diese spinnenartigen Dinger, wo es da raussprüht“. Man merke die Veränderungen auch, wenn man über die Böden in der Uckermark gehe. „Wie unterschiedlich das ist, der eine, der fast federt und der andere, der bei der geringsten Trockenheit wie Beton ist.“ Koepp wäre aber nicht Koepp, würde er selbst die Wut darüber noch in ein Stück Hoffnung verwandeln können.
„Landstück“, Filmvorführung und Diskussion mit Volker Koepp und Gästen am Mittwoch um 19 Uhr im Filmmuseum.
Grit Weirauch
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