Kultur: „Pornografische Szenen“
Film „Lost in Beijing“ nach Premiere wieder verboten
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Einen Monat nach der Kino-Premiere des chinesischen Films „Lost in Beijing“ in China ist auch die zensierte Version wieder verboten worden. Der Film hatte bereits bei der Berlinale für Aufsehen gesorgt. Weil herausgeschnittene „pornografische Szenen“ angeblich für die Werbung benutzt worden seien, wurde der Produktionsfirma außerdem für zwei Jahre untersagt, neue Film zu drehen. Regisseurin Li Yu kritisierte die Entscheidung der Staatlichen Verwaltung für Radio, Film und Fernsehen (SARFT) am Freitag in einem Gespräch in Peking als „Ungerechtigkeit“. Die Produktionsfirma habe überhaupt keine Werbung gemacht, weil die Zensurbehörde den Film nur ohne Werbung zugelassen habe.
„Dennoch zirkulierte viel Material im Internet, weil die chinesischen Medien großes Interesse daran haben.“ Das Problem mit beanstandeten Szenen, die im Internet aufgetaucht seien, „ist allein durch Raubkopien entstanden“, sagte Li Yu. „SARFT sollte nicht die Verantwortlichen für den Film, sondern die Leute bestrafen, die Raubkopien von unserem Film gemacht haben und diese Szenen verbreiten.“ Angesichts des erlassenen Werbeverbots sagte Li Yu: „Wir wären doch bescheuert, wenn wir mit solchen Ausschnitten selbst Werbung gemacht hätten.“ Ihre Sorge sei jetzt vor allem, dass ihr nächstes Drehbuch für einen neuen Film bei der Vorlage zur Genehmigung bei der Behörde „mit anderen Augen gesehen wird“. Das Sozialdrama, das vor knapp einem Jahr ungekürzt auf der Berlinale gezeigt worden war, zeigt an einer Familiengeschichte ein kritisches Bild des modernen Chinas im Banne des Kapitalismus. In der jetzigen Version waren zehn Minuten herausgeschnitten worden, vor allem die Szene, in der die Heldin von ihrem Boss vergewaltigt wurde.
Bisher hatten die Zensoren eher Szenen beanstandet, die nach ihrer Meinung ein negatives Bild von Peking zeigten. Der Film, der auf Chinesisch „Pingguo“ (Apfel) heißt, spielt vor dem Hintergrund der Massenzuwanderung von Wanderarbeitern nach Peking.
Die Regisseurin plädierte für eine generelle Einstufung chinesischer Filme nach Altersgruppen. „Das System könnte Kinder und Minderjährige schützen“, sagte Li Yu. „Aber wir können nicht den Erwachsenen das Recht vorenthalten, einen solchen Film zu sehen.“ Wie die Staatsagentur Xinhua berichtete, ordnete die Zensurbehörde für die Kinos im Lande am Donnerstag an, den Film wieder aus dem Programm zu nehmen. Der Produktionsfirma Beijing Laurels Films Company wurde vorgeworfen, die zensierten Ausschnitte selbst im Internet verbreitet zu haben, was gegen die Vorschriften verstoßen habe. Die Firma muss der Behörde die Originalkopien innerhalb von 15 Tagen aushändigen. dpa
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