Zwischen dem „Untertan“ und „Es war so nett in unserem Quartett“ liegen mehr als drei Jahrzehnte. 1951 wird Hannjo Hasse, damals noch mit dem Vornamen Joachim, für eine kleine Rolle in Wolfgang Staudtes berühmter Film-Adaption nach Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ verpflichtet. Der letzte Film, in dem er mitwirkt, ist die Komödie des DDR-Fernsehens in der Regie von Robert Trösch im Jahre 1983. Dazwischen dreht er in den Defa-Studios in Babelsberg und beim Fernsehen in Berlin-Adlershof zahlreiche Filme. Aber auch in tschechischen, bulgarischen, jugoslawischen und sowjetischen Filmproduktionen ist er zu sehen. Insgesamt zählt man 95 Filmtitel. Auch als Synchronsprecher und als Mitwirkender in Hörspielen macht er sich einen Namen.
Vor allem in die Schublade des Bösewichts steckt man den Schauspieler, der heute vor 90 Jahren in Bonn geboren wurde, der in Berlin und in Weimar Schauspielunterricht nimmt, an den Theatern unter anderen in Nordhausen, Schwerin, Potsdam, an der Berliner Volksbühne sowie am deutschen Theater engagiert ist. Hasse weiß natürlich, warum man ihn gern in die Uniform eines SS-Offiziers steckt. „Ich wirke arrogant, eigne mich also vom Äußeren her für diese Rollen, die durch ihre gründliche Gestaltung besonders der Jugend, die den Hitlerfaschismus nicht mehr bewusst erlebte, die ganze Gefährlichkeit dieser Verbrecher in SS-Uniform deutlich macht“, sagt er in einem Interview. Von großer Nachhaltigkeit wird seine Gestaltung des SS-Hauptsturmführers Naujocks in „Der Fall Gleiwitz“, den Regisseur Gerhard Klein 1961 dreht.
Beim Film betraut man Hannjo Hasse nicht mit komischen Charakterrollen, die er aber so gern spielen würde. Doch auf der Theaterbühne darf er sich darin ausleben. So auch am Hans Otto Theater, wo er ab der Spielzeit 1952/53 sein Engagement antritt. Acht Jahre bleibt er im Haus in der Zimmerstraße. Unter der Intendanz von Ilse Weintraud und Gerhard Meyer spielt Hasse unter anderen den Mephisto in Goethes „Faust“, den Franz Moor in „Die Räuber“, den Geßler in „Wilhelm Tell“ von Schiller, den Mackie Messer in „Die Dreigroschenoper von Brecht/Weill oder den Polizeiassessor Ströbel in Ludwig Thomas Komödie „Moral“. Er lässt es sich nicht nehmen, in den Stücken, dort wo es angebracht ist, auch eine gewisse Komik mit einfließen zu lassen. „... wenn schon Bösewichte vom Fließband, warum soll man über einen Bösewicht nicht auch einmal lachen können?", so Hasses Kommentar.
Immer fasziniert sein facettenreiches Spiel. „Wendigkeit der Gestalt und eine große Wandlungsfähigkeit – von warmer Einfühlsamkeit bis zu schneidender Kälte, Bereicherungen der Gestalten durch überzeugende Details, die eine neue Sicht der Figuren ermöglichen und ein immer wieder neues und überraschendes Erschließen von bereits als bekannt geglaubten Geisteshaltungen einer Figur – darin liegt die Ausdrucksfähigkeit Hannjo Hasses“, schreibt Renate Seydel 1970 im Schauspieler-Lexikon. In Potsdam kann er, wie er selbst betont, seine „Theater-Höhepunkte“ feiern.
Am 5. Februar 1983 stirbt der Schauspieler in Falkensee. Auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf findet er seine letzte Ruhe. Zu seinem heutigen 90. Geburtstag hat ihm die Familie einen „Theaterstuhl“ im neuen Haus des Hans Otto Theaters „geschenkt“. Klaus Büstrin
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