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Kultur: Preußische Duftmarken

Musikkabarett mit Barbara Kuster und Ulrich Beckers: Heute ist Premiere von „Ich singe zurück!“

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Barbara Kuster hat sich Verstärkung geholt. Tastenfacharbeiter Ulrich Beckers gesellt sich bei dem Programm „Ich singe zurück“ an die Seite der Kabarettistin und wird für maßgeschneiderte Songs sorgen. Aber auch als munteren Plauderer wird der Zuschauer den Neu-Wilhelmshorster bei der heutigen Premiere im Kabarett Obelisk erleben. Schließlich hat man sich etwas zu erzählen, wenn man in unterschiedlichen Teilen Deutschlands aufgewachsen ist: Der eine bei der katholischen Jugend im Ruhrpott sein erstes Rockkonzert gab, die andere in der „atheistisch geschwängerten Zone“ glauben lernte und dennoch so gerne Kirchenlieder sang. Während Ulrich Beckers Tochter gerade die ersten Schritte geht und er sich darin übt, auch ihr Bodyguard zu sein, muss Barbara Kuster das Loslassen praktizieren. Ihre Tochter hat das Nest verlassen und umrundet gerade großen Schrittes die Welt. Eine Quelle, die sich natürlich vorzüglich anzapfen lässt, wenn man wie Barbara Kuster auf allen Kontinenten seine preußischen Duftmarken setzen will.

Da geht es in ihrem neuen Programm um die Aversion der Engländer, die noch immer in jeden Deutschen den Nazi wittern. Oder um eine deutsche Siedlung in Argentinien, die beim Jodeln und Klöppeln das deutsche Brauchtum prächtig pflegt und sich dabei an Sauerkohl und Blutwurst labt. Und die Kuster wird es sich auch nicht nehmen lassen, einen Marschblock bei der Steuben-Parade in New York zu stoppen, um zu zeigen, wie man richtig marschiert. Allerdings beargwöhnt von den Amis, denn ein echter Deutscher steckt doch entweder im Dirndl oder in der Lederhose.

Und so wird dieser Liederabend auch von ausgedehnten Wortwechseln leben, die vom Privaten ins Politische gehen und wieder zurück. Es sei keine Konfrontation, eher ein neugierig sein auf das Leben des anderen,worum es in diesem Musikkabarett geht, erzählen die Zwei bei Kaffee und leckerem Apfelkuchen im Garten der Kuster. Sie möchten durchaus, dass der Zuschauer am Ende weiß, mit wem sie es auf der Bühne zu tun haben. Das Persönliche ist keine Sperrzone, sondern ein Fundus, aus dem sie bewusst schöpfen.

Das Gespann Kuster und Beckers hat sich nicht erst für dieses Programm zusammengefunden. Ulrich Beckers schreibt bereits seit drei Jahren die Musik für die Potsdamer Kabarettistin: vom Klaviersolo bis zum Orchestersound. Bislang war sie aber nur als Playback zu hören. Doch nun haut er selbst in die Tasten – und kann dabei auch aus seiner Bühnenerfahrung beim Comedy-Duo „Die Lonely Husband“ schöpfen. Er hat das Chamäleon in Berlin mit auf den Weg gebracht, gastierte im Quatsch-Comedy-Club und auch in der Comedy-Scheune im Krongut Bornstedt.

„Er ist sehr verträglich, gesund, belastbar und kompliziert – also ideal für mich“, lobt Barbara Kuster ihren Mitstreiter. „Dass wir uns jetzt mit dem Klavier begnügen, mag für manchen Zuschauer eine Umstellung und vielleicht auch eine Enttäuschung sein. Aber live ist live – und ob laut oder leise ist kein Qualitätsmerkmal“, glaubt die Kabarettistin, die auch die Texte für die 15 Songs schrieb.

Da gibt es das „Album für die Jugend“: „ein für Frau von Leyen verfasster Liederzyklus. Das Lied der Bulimie geben wir im Schubertschen Stil, den Samstag-Abend-Fieber-Song a la Reinhard Mey.“ Darin besingt die Kuster das feucht-fröhliche Zechen in der Disco, das viel zu oft am Allee-Baum endet. Und auch ein Grabstein-Lied wird es geben, von der Gruftie-Jugend, die sich um die Pflege der Gräber so verdient macht.

Den Schlenker in die große Politik verknüpft Barbara Kuster mit dem „Judas-Evangelium“. „Es ist so schwer für Politiker, mutig zu sein. Als Schröder anfing, mit seinen Reformen das Notwendige zu machen, wurde er angefeindet, auch von den eigenen Genossen. Jetzt kommt der Aufschwung und Frau Merkel will ihn allein für sich einheimsen.“

Jedem Lied verpassten die beiden eine ganz eigene Musik: von lyrisch bis rockig. „Wir haben ein bisschen den gleichen Geschmack, mögen das Jazzige, Funkige und Balladeske und müssen dabei nur aufpassen, unsere weiche Ader nicht zu sehr zu bedienen.“ Mit dem Ergebnis sind sie durchaus zufrieden, nichts sei abgekupfert.

Also können sie bei ihrem „Singen zurück“ auch musikalisch ganz unnachahmlich ihre Duftmarken setzen.

Fr bis So, 19.30 Uhr, Kabarett Obelisk, Karten unter Tel. O331–29 10 69.

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