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Strahlender Gesang. Der französische Countertenor Philippe Jaroussky.

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Kultur: Prinz der Mühelosigkeit Samstag singt Philippe Jaroussky in Potsdam

Der alles entscheidende Schnitt blieb Philippe Jaroussky erspart. Derartig umstrittene Methoden zur Stimmförderung sind zum Glück schon lange aus der Mode.

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Der alles entscheidende Schnitt blieb Philippe Jaroussky erspart. Derartig umstrittene Methoden zur Stimmförderung sind zum Glück schon lange aus der Mode. Und Ausnahmesänger wie der französische Countertenor Philippe Jaroussky zeigen, dass es auch ohne Kastration im zarten Jünglingsalter geht.

Jarousskys Stimme hat Suchtpotenzial. Am Samstag ist der Sänger zusammen mit dem Ensemble L’Arpeggiata im Nikolaisaal zu erleben. Und glücklich schätzen können sich die, die Karten für dies längst ausverkaufte Konzert ergattert haben. Es ist das einzige Deutschlandkonzert, bei dem das Ensemble L’Arpeggiata, Philippe Jaroussky, die Sängerin Lucilla Galeazzi und andere unter dem Motto „All’ Improvviso. Ciaconne, Bergamasche – e un po’ di Follie...“ Alte Musik auf Jazz treffen lassen. Das jüngste Album von L’Arpeggiata „Tetro d’Amore“ (Virgin Classics), auf dem die Musiker um die Ensemblegründerin und Lautenistin, Christina Pluhar, unter anderem Stücke aus Claudio Monteverdis siebten und achten Madrigalbuch dezent mit Elementen aus dem Jazz vermischt haben. Christina Pluhar erwies sich dabei wieder einmal als äußert feinfühlige und intelligente Musikerin, die mit „Tetro d’Amore“ ein opulentes Bekenntnis zur musikalischen Schönheit Monteverdis vorgelegt hat. Und wenn dann Philippe Jaroussky zu „Ohime, ch’io cade“ anhebt, ist das wie ein zweiter Sonnenaufgang an einem ohnehin schon strahlenden Tag.

Liebhabern der Barockmusik ist der 31-jährige Philippe Jaroussky seit Jahren schon als Garant für höchsten Gesangsgenuss bekannt. Spätestens mit dem Album „Carestini. The Story of a Castrato“ (Virgin Classics), für das Jaroussky im vergangenen Jahr den Echo-Preis im Bereich Klassik erhielt, ist er auf dem besten Weg, die Sangeskunst der Kastraten auch außerhalb des Lieberhaberkreises bekannt zu machen.

Kastraten wie Carestini, Senesino oder Farinelli können als die ersten Superstars in der Musik bezeichnet werden. Ihr Gesang begeisterte das Publikum im 18. Jahrhundert. Sie wurden vergöttert und hofiert, die Komponisten lagen ihnen zu Füßen und dementsprechend entwickelten diese Sänger auch die herrlichsten Starallüren. Der Komponist Johann Adolph Hasse, in dessen Oper „Tito Vespasiano“ Carestini die Rolle des Sesto sang, schwärmte: „Wer Carestini nicht gehört hat, weiß nicht, was absolut vollkommener Gesang ist.“

Wer in Jarousskys stimmlichen Sog gerät, kommt nicht umhin, Hasses Begeisterung für Carestini auf Jaroussky zu übertragen. Facettenreich und gewandt, strahlend und makellos, von einer federhaften Leichtigkeit und einfach unwiderstehlich singt sich Jaroussky seit Jahren durch das noch so anspruchvollste Material. Mittlerweile ist er auf 25 CDs mit den bekanntesten Barockorchestern zu hören. Sein jüngster Streich ist das Album „Opium. Mélodies françaises“ (Virgin Classics), auf dem er unter anderem vom Pianisten Renaud Capuçon begleitet, Komponisten der vorletzten Jahrhundertwende wie Hahn, Massenet, Chausson und Debussy huldigt. Und es verwundert kaum, dass er diesen Sprung in die französische Belle Époque ohne Probleme schafft, sich wiederholt als Prinz der Mühelosigkeit und Magier der Stimme präsentiert und diese Lieder zu wahren Glanzlichtern macht.

Wenn Jaroussky am Samstag zusammen mit Christina Pluhar und dem Ensemble L’Arpeggiata auf die Bühne des Nikolaisaals tritt, wird ein Gipfeltreffen der Alten Musik und Jazzern auf höchstem und äußerst erfrischendem Niveau zu erleben sein. Wem dies leider nicht vergönnt ist, dem bleiben die durchweg zu empfehlenden Aufnahmen mit dem Countertenor. Und der Hinweis auf den 26. November. Da ist Jaroussky zusammen mit dem Concerto Köln im Konzerthaus Berlin zu Gast. Also, rechtzeitig Karten sichern! Dirk Becker

Dirk Becker

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