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Kultur: Problem-Eltern

„Blöde Mütze“ vor Filmstart im Filmmuseum

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Bring“ einer diesen Kindern noch etwas bei! Nach der Voraufführung des neuen Streifens „Blöde Mütze“ am Dienstag im Filmmuseum waren die Schüler der Geltower Grund- und der Potsdamer Eisenhart-Schule quizmäßig aufgefordert, die Berufe der vier „Gäste“ vorne auf der Bühne zu beschreiben. Ob Produktion, Ausstattung, Dramaturgie oder Regie, sie wussten bereits alles darüber, wenigstens kollektiv. Zur Belohnung gab es T-Shirts mit dem Filmtitel, das Buch zum Ereignis, als Krönung sogar jenes Basecape, welches der Hauptfigur Martin (Johann Hillmann) zu seinem unschönen Spitznamen „Blöde Mütze“ verhalf. Wie Konrad Baumann, sein filmischer Gegenspieler und späterer Freund Oliver, hat auch Johann schon Dreherfahrung, was sehr wohl zu bemerken war. Die dritte im Bunde hieß Lea Eisleb, als Lisa war sie die erste zarte Liebe von Martin, nachdem er sich zunächst in eine Werbefigur, die „Sonnencremefrau“ vergafft hatte. Die literarische Vorlage stammt von Thomas Schmid, sein um dreizehn Jahre jüngerer Bruder Johannes machte einen stark berührenden Film mit Herz daraus. Er trägt das Prädikat „besonders wertvoll“, erhielt bereits etliche Preise und kommt am 24. April in die Kinos.

Inwieweit man nun von einem „Kino-Vergnügen für die ganze Familie“ sprechen kann, wie es das Beiblatt verkündet, ist zumindest aus erwachsener Sicht etwas fraglich. Die schöne Liebesgeschichte zwischen Martin und der selbstbewussten, reiferen Lisa (Olli als ihr Kumpel ist fast immer dabei) läuft zwar so kompliziert ab, wie es in dieser Altersgruppe nur sein kann, doch seine Substanz zieht dieser Film aus dem größeren Rest: Die Eltern der drei sind das Problem!

Martin hat es noch am besten, die Ehe der seinen ist intakt. Dafür sorgen sie sich um ihren Spross, als dieser sich um Olli zu sorgen beginnt – kein guter „Umgang“, erklären sie. Klar, Olivers Mutter kümmert sich weniger um ihn als um eine neue Liebe, sein Papa lebt in Lethargie und Suff, die Scheidung steht bevor. Der „coole“ Oliver ist schrecklich einsam, er sucht Anschluss und Anerkennung bei seinesgleichen, eine wunderbare Rolle. Bei Lisa daheim steht es auch nicht gerade rosig, sie hat eine „alleinerziehende Mutter“.

Die drei Jugendlichen beginnen nun, die Geheimnisse des Lebens zu entdecken, die Liebe, wahre Freundschaft. Man geht ins Kino, zieht sich zum selbstgebauten „Riverpool“ zurück, eine versteckte Badestelle weitab von Bellbach – das im wahren Leben meist Sömmerda ist. Doch immer wieder funken die Eltern dazwischen. Aus deren Sicht versteht man nur selten, warum diese Heranwachsenden mit Abwendung oder gar Lügen „so“ reagieren, aus der Optik von Martin, Lisa und Olli schon: Sie brauchen Vertrauen, Halt, Geborgenheit. Als Olivers Vater einen Infarkt bekommt und die drei ihn retten, wendet sich der Coole von seiner Mutter ab: „Ich will bei dir bleiben, Papa!“. Für wache Eltern ist dieser mit so leichter Hand gemachte Streifen , der an nur 28 Drehtagen für 1,3 Millionen Euro produziert wurde, also ein Lehrstück. Jugendliche werden ihn bald ultimativ finden, garantiert.

Schon beim Abspann gab es viel Beifall. Das Landesinstitut für Schule und Medien gab sich als Veranstalter große Mühe, die Aufmerksamkeit der Kinder mit anschließenden Fragen zu testen, doch hätte man gern ein paar Meinungen mehr zum Film gehört. Ein Mädchen entdeckte für sich, wie verschieden diese Film-Eltern doch seien: „Ich dachte, sie wären alle gleich.“ Gerold Paul

Gerold Paul

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