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Kultur: Quer durch die Musikgeschichte

Die Urania veranstaltete im Schloss Marquardt ein Konzert mit dem Berliner Chor Art of Contrast

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Die Urania veranstaltete im Schloss Marquardt ein Konzert mit dem Berliner Chor Art of Contrast Von Gerold Paul Kultur ist Austausch, ein Geben und Nehmen. Gern nahmen am Dienstag etwa 50 Besucher das Angebot der Potsdamer Urania an, sich von Axel Blum durch den schönen Lenné-Park (1823) von Marquardt führen zu lassen, um am Abend im Tanzsaal des „barockisierenden“ Schlosses (ab 1791) zusammen mit einhundert weiteren Gästen ein belebendes Konzert des Berliner Chores Art of Contrast zu genießen. Autonummern von fern und nah. Doch auch die neuen Besitzer aus München waren, als sie das unrenovierte Rund zur Verfügung stellten, allein Nehmende nicht, ein Herz für die Kunst ist auch ein Gebot. Wenn Karin Flegel den 150 Gästen eine weitere Veranstaltung (wie sie in den vergangenen Jahren mit ähnlichem Erfolg stattfanden) hier noch nicht zusagen kann, so wäre das jammerschade. Auch für den Wirt, welcher freundlichst für die sportiven Sitzbänke drinnen sorgte, indes über die wilde Terrasse bei gerade zunehmendem Monde leckere Bratendüfte entlangstrichen, neben Wein und Säften auch Vogelbeerbrand und sogar „Grottengeist“ der Marke „Schloss Marquardt“ angeboten wurden. Doch der schönste und lebhafteste „Austausch“ fand drinnen statt, als die etwa 20 jungen Berliner (wer beim Singen lächeln kann, ist doppelt willkommen) ganz unverkrampft ein teils heftig zündendes Programm quer durch die Musikgeschichte gaben – von Monteverdi bis Puccini, von Orffs „Carmina burana“ über Webber bis zu A. Menkens Schmachtfetzen „Ich glaubte als Kind (alle Menschen wären gut)“, welchen die Sopranistin Julia Mencke mit zu dünner Stimme vortrug. Allround und über einhundert Minuten voll „in contrast“: der gemischte Chor kennt sich im mehrstimmigen A-capella-Gesang Palestrina“s ebenso aus wie in der kraftvollen Darstellung von Spirituals („Were You There“) und bei den Vorzeige-Stücken aus Gershwins „Porgy and Bess“, wobei man auf „Summertime“ vielleicht besser verzichtet hätte. Chorleiter Dieter Himmer selbst erlebte man voller Temperament in vielerlei Ämtern, er moderierte mit schönem Humor, begleitete am E-Piano, dirigierte, und gab zusammen mit dem Gitarristen Boris Hirschmüller sogar einen klassischen Ragtime von Billy Joel zum besten: „Soll lustig sein!“ – war“s ja auch, ganz toll. Wenn auch nicht jeder Vortrag beim Eilmarsch durch den Musikhimmel überzeugen mochte, so bleibt Vielseitigkeit das Markenzeichen dieser Liedertafel. Zwei Proben aus Vivaldis berühmter D-Dur-Messe umrahmten das Konzert bis zur Pause, wobei „Cum sancto spiritu“ etwas blasser war als das festliche „Gloria“ zum Auftakt. Tanja Hirschmüller bereicherte den Abend mit Sonaten von Corelli (Nr. 4) und Händel (a-Moll) auf der Alt-Blockflöte, im letzteren Fall von ihrem Vater begleitet, welcher seinerseits mit zwei melancholischen Preludes zur Gitarre von Villa-Lobos zu hören war. Das begeisterte Publikum gab während des gesamten Konzertierens immer wieder Zwischenapplaus. Besonders angetan zeigte man sich von der Solo-Arie der Lauretta (Julia Menke) von Puccini und Webbers sentimentalem Duett „Pie Jesu“, dessen andere Stimme die klangsichere Sopranistin Angelika Hessel übernahm. Purcell, Palestrinas „Romiade“ in Auszügen, Mendelssohn-Bartholdys „Laudate pueri“ für Sopran-Chor, zwei Lieder aus der „Carmina burana“ eher verhalten – es war tatsächlich für jedermann etwas dabei. Karin Flegel kann hochzufrieden sein. Auch in diesem Jahr ist der Austausch von Bühne und Parkett gelungen, obwohl sich am Hause selbst gar nichts verändert hat. Man gab, man nahm im Wechsel, man feierte den jungen Chor mit Ovationen. Möge solche Osmose auch mit den Marquardter Schlossherren in spe glücken. Wo der „Grottengeist“ so kantabel umgeht, müsste das doch zu machen sein, wenigstens einmal im Jahr. Man sollte es wollen.

Gerold Paul

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