Kultur: Raue Liebe vor dem Wäschetausch Filmgespräch zum Start von „Love Steaks“
Die Ostsee begrüßt Clemens, der in einem strandnahen Wellnesshotel seine erste Arbeitsstelle nach der Ausbildung als Physiotherapeut und Masseur antreten will, mit einem romantisch- blutroten Sonnenuntergang. Das war es dann aber auch schon mit der Romantik.
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Die Ostsee begrüßt Clemens, der in einem strandnahen Wellnesshotel seine erste Arbeitsstelle nach der Ausbildung als Physiotherapeut und Masseur antreten will, mit einem romantisch- blutroten Sonnenuntergang. Das war es dann aber auch schon mit der Romantik. Im Hotel angekommen wird dem jungen Masseur als eigene Unterkunft das als Lagerraum genutzte Zwischendeck – „mit grandioser Aussicht“ – zugewiesen. Doch es scheint Clemens nichts auszumachen, zwischen Containern mit benutzter Bettwäsche und Regalen voller Handtücher und Badartikeln zu logieren. Die Köchin Lara dagegen hat ihre eigene Art entwickelt, sich in der rüden, männerdominierten Küchenwelt zu behaupten.
In „Love Steaks“, einer Produktion von Studenten der Filmhochschule Konrad Wolf (HFF) unter der Regie von Jakob Lass, der am Dienstagabend in der Reihe „Aktuelles Potsdamer Filmgespräch“ im Thalia-Kino zu sehen war, treffen Clemens und Lara im Hotelfahrstuhl aufeinander. Und die Liebesgeschichte, die sich zwischen ihnen entwickelt, ist so rau und unberechenbar wie die See bei Sturm. „Love Steaks“ erzählt sie im Mikrokosmos des Kurhotels, dessen Machtverhältnisse, Machtspiele und Hierarchiestrukturen weit in den privaten Bereich der Protagonisten hineinwirken. Wenn etwa Lara immer wieder die in der Küche üblichen Machtspiele auf Clemens überträgt oder das Paar am Morgen durch die Zimmermädchen, die zum Wäschetausch in den Lagerraum müssen, aufgeweckt wird.
Jakob Lass realisierte seinen zweiten Film gemeinsam mit HFF-Kommilitonen verschiedener Jahrgänge. Dass sich das Team vor dem Produktionsprozess selbst Prämissen und Regeln überlegte, nach denen es verfahren wollte, machte „Love Steaks“ nicht nur zu einem ohne Fördergelder entstandenen, sondern auch gelungenen Experiment. Und so entsprach es auch dem unter dem Begriff „Fogma“ auf der Website des Films veröffentlichten Konzept, dass zum Filmgespräch nicht nur – wie oft üblich – der Regisseur Jakob Lass erschien, sondern mit Ines Schiller (Produktion und Story), Timon Schäppi (Kamera und Story), Golo Schultz (Produktion und Komposition), Gesa Jäger (Schnitt) und der Darstellerin Lana Cooper ein großer Teil des Teams. Vor allem um diese Prämissen und Regeln drehten sich die Fragen von Moderatorin Jeanette Eggert: „Das Grundprinzip“, sagte Jakob Lass, „ist der Reichtum aus der Reduktion heraus.“ Das Team setzte sich ein engeres Spielfeld, um darin dann frei zu sein. „Dass wir beispielsweise nur an einem Ort gedreht haben, hat uns einerseits die Konzentration darauf ermöglicht und andererseits auch viel Aufwand erspart“, so Lass. Denn jeder Umzug mit einem Filmteam koste viel Zeit und Energie.
Und dieses Prinzip finde sich auch in fast allen anderen Bereichen wieder. Lass betonte aber auch, dass „Fogma“ im eigentlichen Sinn kein Manifest darstelle. Vielmehr seien die Regeln eigentlich teamintern gedacht gewesen und die Entscheidung, sie online zu stellen, resultierte aus dem Wunsch, zu vermitteln, was sie selbst erlebt hatten. Alle waren sich einig, dass sie einerseits gern sofort noch einmal so arbeiten würden – in einem kleinen Team, konzentrierten Blöcken von zweimal vier Stunden, chronologischen Drehs etwa – sich aber auch genauso gut eine große Produktion mit 200 Kleindarstellern vorstellen können. Gabriele Zellmann
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Gabriele Zellmann
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