Kultur: Refugium für empfindsame Klangkleinodien Bach-Konzert im Kammermusiksaal
Wieder einmal hatte sich eine treue und kennerische Hörgemeinde eingefunden, die das Ambiente des Klein Glienicker „Havelschlösschen“ genauso zu schätzen wissen wie das Gebotene. In seinem Refugium für kammermusikalische Kleinodien offerierte am Donnerstag der Hausherr Tilman Muthesius „Musik zur Zeit Carl Philipp Emanuel Bachs“.
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Wieder einmal hatte sich eine treue und kennerische Hörgemeinde eingefunden, die das Ambiente des Klein Glienicker „Havelschlösschen“ genauso zu schätzen wissen wie das Gebotene. In seinem Refugium für kammermusikalische Kleinodien offerierte am Donnerstag der Hausherr Tilman Muthesius „Musik zur Zeit Carl Philipp Emanuel Bachs“. Wer sich aus Anlass von dessen 300. Geburtstag aus tonsetzerischem Kollegenkreis zu ihm gesellen durfte, entschied einzig die Traversflötistin Andrea Theinert, Mitglied der Akademie für Alte Musik Berlin (Akamus), die von Muthesius für die Programmzusammenstellung freie Hand erhalten hatte. „Hauptsache Traversflöte“, so seine Bedingung. Ein naheliegender Gedanke, außer dem Jubilar C.P.E. Bach auch seinen Patenonkel Georg Philipp Telemann an der Soiree teilnehmen zu lassen. Mit je zwei Werken kamen sie zu Wort. Zwischendurch sorgte Antonio Vivaldi für einen virtuosen Kontrapunkt. Für Stilvariationen war also reichlich gesorgt, klangliche Abwechslung und anschließendes geselliges Beisammensein.
Zum Auftakt erklingt mit Telemanns Pariser Quartett e-Moll ein in französischer Machart komponiertes Werk, das einer Suite ähnelt. Als Ouvertüre fungiert ein Prelude, das sich als wohlgeordnetes Durcheinander der vier Stimmen offenbart. Per Minosolo gibt die Violine (Akamus-Mitglied Clemens-Maria Nuszbaumer auf einem Instrument aus böhmisch-sächsischer Werkstatt von Mitte des 18. Jahrhunderts) die weitere Richtung vor. Es beginnt ein quicklebendiges Musizieren: mal lustig und frech, dann wieder schnell, graziös und witzig, aber immer tänzerisch beschwingt. Kurzum: Es wird kräftig zugelangt. Schroffe und vorlaute Töne inklusive. Da hat es die Traversflötistin oftmals schwer, sich mit ihrem technisch ausgezeichneten, gefühlsbemühten Spiel durchzusetzen. Besonders Cembalistin Sabine Erdmann lässt es sich nicht nehmen, ihr 2013 in der Werkstatt von Markus Fischinger im italienischen Stil gebautes einmanualiges Instrument vorzuführen. Voluminös ist sein Ton, für das Havelschlösschen klanglich leider eine Nummer zu groß. An diesem schillernden Klangkaleidoskop beteiligt sich Cellist James Bush mit noblem, erfreulicherweise zurückhaltendem Ton.
Dass Telemann auch den italienischen Stil meisterlich zu handhaben versteht, beweist sein Pariser Quartett A-Dur auf das Vorzüglichste. Das erweist sich als eine handfeste Sonate, deren erster Satz „Soave“ wahrlich sanft und lieblich musiziert wird. Die anderen drei Sätze spielen die Musiker dann wieder sehr direkt und vordergründig. Schade, dass sie es bei aller historisch informierten Spielweise ein wenig an Wärme und Gefühl mangeln lassen. Von gleichsam königlich-friderizianischem Flair ist C.P.E. Bachs Sonate G-Dur für Traversflöte und Basso continuo erfüllt, wobei Andrea Theinert ihren monarchischen Interpretationsvorgänger in nichts nachsteht, was Blastechnik und ausdrucksvolle Gefühlsintensität betrifft. In der d-Moll-Triosonate kann sie im Wettstreit mit der vibratolos gestrichenen Violine durch Eleganz, Geschmeidigkeit und Empfindsamkeit sehr für sich einnehmen. Und schließlich kann James Bush in der Vivaldischen a-Moll-Cellosonate zeigen, wie er sein klangvolles Instrument zwischen sehnsuchtsvoll klagend und virtuos-draufgängerisch zum gefühlsinnigen Singen bringen kann. Peter Buske
Peter Buske
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