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Abkehr von falschen Illusionen. Furtwängler zeigt auf seinen fast heiteren Bildern die Ausweglosigkeit der menschlichen Existenz.

© Andreas Klaer

Kultur: Reiter auf dem roten Pferde

Der Maler liebt die Einsamkeit: Das Kunsthaus „sans titre“ zeigt Bilder von Felix M. Furtwängler

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Vor einem Wesen mit strubbeligem roten Haar purzeln ein paar Köpfe in den Bildraum. Aus einem sprießt ein grünes Geweih. Auf einem anderen Bild von Felix Martin Furtwängler sitzt ein grünes Strichmännchen verkehrt herum auf einem sonderbaren Reittier, von dem sich nicht so recht ausmachen lässt, ob es sich um einen Hund oder ein Pferd handelt.

„Die Ausweglosigkeit menschlicher Existenz“ stelle der Künstler dar, besänftige sie aber durch „eigentümliche Farbklänge, die fast heitere Gelassenheit vermitteln“, hat der Medizinhistoriker Gerhard Fichtner erkannt. Das Kunsthaus „sans titre“ zeigt großformatige Gemälde und einige Druckgrafiken von Furtwängler. „Wir kennen uns bereits seit 1993 und haben zahlreiche Buchprojekte gemeinsam gemacht“, erklärt Mikos Meininger, einer der Initiatoren des Kunsthauses, die Zusammenarbeit.

Hervorgetreten ist der Maler Furtwängler bisher vorwiegend als Druckgrafiker. Mit zahlreichen Buchprojekten und Grafikeditionen ist er seit dem Abschluss seines Studiums an der Hochschule der Künste Berlin in Museen und Galerien vertreten gewesen. Eine Ausstellung größerer Ölbilder von ihm gab es zuletzt im Jahre 1996 zu sehen. Die gegenwärtige Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und wird von einem recht opulenten Katalog begleitet. „Der Maler liebt die Einsamkeit“ ist der Titel von Katalog und Ausstellung. Möglicherweise in der Einsamkeit geschaffen, künden die Bilder jedoch von einem starken Ausdruckwillen. Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner, aber auch Keith Haring und A.R. Penck blicken Furtwängler über die Schulter. An immerhin sieben Stationen werden die Bilder Furtwänglers zu sehen sein.

Meistens verzichtet der Künstler bei seinen Tafelbildern auf einen Titel und eröffnet so einen breiten Assoziationsspielraum für den Betrachter. Vor einem rötlich leuchtenden Hintergrund führen blaue und weiße Pinselschlieren einen munteren Tanz auf. Angedeutete Umrisse eines Strichmännchens über Häuserzeichen gesellen sich hinzu. Gedanken an die Nacht über dem kahlen Dorfe oder an einen frühzeitig verunglückten Hexensabbat tauchen beim Betrachter auf.

Der 1954 geborene Künstler lasse lieber seine Bilder für sich sprechen, als diese zu kommentieren, er gehöre zu „den Philosophen unter den Künstlern“, schreibt Kunsthistoriker Lothar Lang. Die Bilder sprechen dabei eine recht lebendige Sprache. Figuren wimmeln durcheinander, werden gelegentlich von geometrischen Formen gehalten und wirken meist doch ein wenig verlassen. Häufig schichtet der Maler zahlreiche Farben und schafft einen tiefgründigen Farbraum. Bei den Kaltnadelradierungen gesellt sich aufgrund der monochromen Farbigkeit ein existenzialistischer Zug hinzu. Bei Buchprojekten purzeln die reduzierten Formelemente Furtwänglers munter um die lyrischen Texte herum und verführen so, dem Tanz der Zeichen und Farben folgend. Dennoch vermeidet es Furtwängler geschickt, ins Erzählerische abzugleiten, was an der begrenzten Anzahl von Elementen liegen mag, mit denen der Künstler spielt. Die häufig fröhlichen Farben verleihen den Bildern eine Leichtigkeit, die das Dargestellte erfreulich auflockert.

Die Ausstellung kommt zur rechten Zeit, um an einer Suche nach neuen Formaten teilzunehmen. Schon wird gefragt, ob Maler wie Philip Grözinger, Bjarne Melgaard oder Andre Butzer vielleicht mit „Bad painting“ einen neuen Trend in der Malerei setzen. Die gar nicht abwertend gemeinte Klassifizierung soll eine Abkehrung vom illusionistischen Verismus des letzten Jahrzehnts kennzeichnen und charakterisiert wohl auch die Bilder Furtwänglers zutreffend.

Bis 2. Juni, Do bis So 14 bis 18 Uhr, Kunsthaus „sans titre“, Französische Straße 18

Richard Rabensaat

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