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Kultur: Religionen, Demokratie, Menschenrechte

Der Einzige, der dann doch noch ein wenig Hoffnung verbreiten wollte, war Religionslehrer Frank Jakob. Was, fragte er, wenn das wie ein Happyend anmutende Ende des Films „Just a kiss“ einfach als Aufbruch in eine neue Zeit zu verstehen sei.

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Der Einzige, der dann doch noch ein wenig Hoffnung verbreiten wollte, war Religionslehrer Frank Jakob. Was, fragte er, wenn das wie ein Happyend anmutende Ende des Films „Just a kiss“ einfach als Aufbruch in eine neue Zeit zu verstehen sei. Ein Muslim und eine Katholikin wehren sich gegen Tradition und Vorbehalte und entscheiden sich für ihre Liebe. Sie brechen mit allen Konventionen und vor ihnen liegt eine strahlende Zukunft? Wenn es doch so einfach wäre.

„Sind Religionen eine Gefahr für die Menschenrechte und die Demokratie“ lautete das Motto eines interreligiösen Gesprächs im Thalia Kino. Als Einstimmung war zuvor der Film „Just a kiss“ gezeigt worden, in dem die Liebesgeschichte eines Sohns pakistanischer Einwanderer und einer jungen Glasgower Lehrerin mit allen Abgründen und damit verbundenen Problemen geschildert wird. Eingeladen waren zu dem anschließenden, gut anderthalbstündigen Gespräch je ein Vertreter des Christentums, des Judentums, des Islams, des Buddhismus und der Religionslehrer Frank Jakob als Vertreter des Atheismus.

Einstimmig war man auf dem Podium was den Realitätsgehalt von „Just a kiss“ betrifft. Das, was dieser Film zeigt, sei eine alltägliche Geschichte in Gesellschaften, in denen verschiedene Kulturen und Religionen mit ihren Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Doch sofort regte sich Kritik im voll besetzten Kinosaal. Das Ende, die Entscheidung beider für die Liebe, sei unrealistisch, einfach zu verklärend. Da sei „Just a kiss“ mehr Film denn Widerspiegelung der Realität.

Einig war man sich in dieser Diskussion auch darüber, dass es weniger Religionen sind, die die Menschen beschränken, als Traditionen und Institutionen, die im Namen von Religion Regeln und Gesetze erlassen. Denn im Kern, den universellen Werten, sind sich alle Religionen gleich. Probleme bereitet die unsägliche Verbindung von Religion und Politik und der damit verbundenen Instrumentalisierung. Der Berliner Imam Abdul Basit Tariq sagte hier treffend: „Auf Ebene der Liebe gibt es nur Menschen. Auf der politischen Ebene nur Probleme und Hass.“ Und die Menschenrechte? Es war erstaunlich, wie sehr der Film „Just a kiss“ und die anschließende Diskussion das Bewusstsein für die Verletzung von Menschenrechten schärfte, die schon da beginnt, wenn ein Vater seinem Sohn verbietet, die Frau zu heiraten, die er liebt, weil sie einer anderen Religion angehört. Dirk Becker

Dirk Becker

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