Kultur: Riverdance ist Kinderfasching
Das irisch-deutsche Trio stimmt im „al globe“ auf den St. Patrick’s Day ein
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Das irisch-deutsche Trio stimmt im „al globe“ auf den St. Patrick’s Day ein „Midnight Court“ sind in deutschen Landen eine etablierte Größe im Vortrag und der Interpretation irischen Liedguts. Mit den unterschiedlichen Einflüssen der drei Musiker entsteht eine außergewöhnliche Symbiose irisch-traditioneller Sounds und moderner Songwriter-Ambitionen. Seit sie 1994 bei einer Session in Berlin aufeinandertrafen, spielen „Midnight Court“ in der gleichen irisch-deutschen Besetzung: Aaron Shirlow (Gitarre und Gesang), Bernd Lüdtke (Geige und Bouzouki) und Noel Minogue am Knopfakkordeon. Zur rechtzeitigen Einstimmung auf den St. Patrick''s Day in zwei Wochen lud das „al globe“ die Band zu einem Konzert. Die Besucher machen es sich am Samstagabend auf den Polsterstühlen bequem. Vielleicht zu bequem, denn das Trio wird lange brauchen, um den Raum vor der Bühne zu Recht als Tanzfläche durchgehen zu lassen. An der Musik kann die Steifheit in der ersten Hälfte des Konzerts kaum liegen. Die Musiker gehen beherzt zur Sache: wie ein frecher, gutgelaunter Leprechaun bedient Minogue sein Akkordeon. Seine Finger huschen wie kleine Insekten über die Knöpfe seiner „Squeezebox“. Was auch immer er in den Pausen zwischen den Songs in das Mikrofon nuschelt: es ist sicher etwas Nettes. Bernd Lüdtke härtet die Hornhaut seiner Finger indes mit rasendem Spiel auf der Geige. Shirlow bespielt die Gitarre mit flinkem Picking und singt dazu mit voller, tiefer Stimme. An diesem Abend schöpfen sie immer wieder aus dem schier unbegrenzt erscheinenden Vorrat an irischen Traditionals und eigenen Songs. „Wäre er nicht so verdammt faul, könnte er viel mehr dieser großartigen Liedern schreiben“, sagt Minogue in der Pause über seinen Frontmann. Aber er sei ein guter Anheizer, „würde ich den Job machen, schliefen alle ein“, sagt er und lacht ein sympatisches Kinderlachen. In der zweiten Hälfte des Konzerts erbarmen sich eine Handvoll weiterer Leute, das Brachland Tanzfläche zu füllen. Ein Mann tritt an den Bühnenrand und flüstert Aaron etwas ins Ohr. „Er hat gesagt, er will mehr Speed. Das ist gerade aus, aber Kokain kannst du haben“, witzelt Shirlow. Der Mann bekommt seine „Geschwindigkeit“ aber trotzdem. Mit Up-Tempo-Folk platzt gegen Mitternacht dann endlich der Tanzknoten. Die Tanzfläche auf einmal gefüllt mit springenden, jubelnden Menschen, aller Altersgruppen. Riverdance ist Kinderfasching verglichen mit der ausgelassenen Stimmung, die sich vor den Augen der Band entfaltet. Und das, als das Set dem Ende entgegensteuert. Die Verabschiedung wird von den Tanzwütigen so natürlich nicht akzeptiert. Erst nach einer weiteren halben Stunden Rock''n''Reel und Speed-Folk sind auch die letzten befriedet. Band und Tanzfläche gehen in den verdienten Feierabend, das Publikum lässt sich vor dem inneren Auge schon ein entspannendes Fussbad ein. Christoph Henkel
Christoph Henkel
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