Kultur: Romantisches konnte schwingen
Das Ensemble vocale Waltershausen in der Alten Neuendorfer Kirche
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Aus dem schönen Thüringen reisten die 18 Sängerinnen und Sänger an. In Waltershausen und Umgebung sind sie zu Hause. Gemeinsam mit dem engagierten Kantor der barocken Stadtkirche von 1723, Theophil Heinke, gründeten sie einen Kammerchor und gaben ihm den Namen Ensemble vocale Waltershausen. Neben Konzerten im heimatlichen Thüringen setzt sich der Chor immer mal wieder in Bewegung, um eine größere Konzertreise zu unternehmen. In diesem Sommer war man mehrere Tage im Brandenburgischen und sang unter anderen in Falkensee, Brandenburg an der Havel sowie in Potsdam.
Die oktogonale Alte Neuendorfer Kirche auf dem Anger in Babelsberg, im Auftrag von König Friedrich Wilhelm IV. erbaut, wurde als Konzertstätte für das Ensemble vocale erwählt - für 75 Minuten. Das marode Gotteshaus, das zu DDR-Zeiten abgerissen werden sollte, konnte bekanntlich durch Bürgerengagement ab 1998 wieder hergestellt werden. Ein idealer Konzertraum ist die Kirche jedoch nicht. Akustisch hat sie bislang noch ihre Tücken. Mit sechs Sekunden Nachhall müssen die Singenden und Musizierenden sowie die Zuhörer rechnen. Der Kammerchor aus Waltershausen und sein Dirigent Theophil Heinke brauchte dann auch eine gewisse Zeit, um mit den Gegebenheiten fertig zu werden. Mit sehr langsamen Tempi bei den Chorsätzen von Heinrich Schütz tasteten sie sich an die Akustik heran. Da wirkte noch manches, besonders bei „Cantate Domino“, unsicher und alles andere als homogen. Das änderte sich, als das Ensemble vocale sich romantischen Chorwerken zu- wandte. Da vernahm man dann einen gesammelten Klang, der sich transparent und leuchtend mit dem Kirchenraum verwob. Beispielsweise bei Felix Mendelssohn Bartholdys „O wunderbares, tiefes Schweigen“, der Psalmvertonung „Lobe den Herrn, meine Seele“ des spätromantischen Komponisten und Bremer Domorganisten Carl Martin Reinthaler oder bei Johannes Brahms’ „All mein Gedanken, die ich hab“. Die Gäste aus Thüringen fanden sich hierbei zu einem Klangkörper, der nobel die Gesänge ausfüllte.
So manch selten aufgeführten Chorsätze wurden zum Besten gegeben, von Gustav Merkel, Louis Spohr, Rudolf Mauersberger und Johannes E. Koch. Das temperamentvolle und rhythmisch betonte „Tanz, Mädchen tanz“ von Koch gestaltete sich zu einem Höhepunkt. Mit schöner Lockerheit und ansteckender Fröhlichkeit haben die Choristen diesen Satz interpretiert. Nicht ganz so passend in der Programmfolge erwies sich aber das von Julia Kirchner empfindsam gesungene Sopransolo Agnus Dei aus Mozarts Krönungsmesse, begleitet von Theophil Heinke am E-Piano.
Der Chor aus Waltershausen konnte der herzlichen Zuneigung der zahlreichen Gästen in der Angerkirche während des gesamten Konzerts gewiss sein.
Klaus Büstrin
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