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Zurück am angestammten Platz. Nach über einem Jahr umfangreicher Restaurierungsarbeiten ist am gestrigen Donnerstag die Mondsichelmadonna von Franz Thamm in die katholische Propsteikirche St. Peter und Paul zurück gekehrt.

©  Andreas Klaer

Kultur: Rückkehr der Mutter Jesu

Die Gemeinde St. Peter und Paul hat nach der Restauration ihre Mondsichelmadonna wieder

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Maria nimmt in der katholischen Kirche eine bevorzugte Stellung ein. Sie hat die Menschwerdung Gottes erst möglich gemacht. Seit dem Jahr 431 n. Chr. setzte eine intensive Verehrung der Mutter Jesu ein, die als „Himmelskönigin“ gefeiert wird. In jeder katholischen Messe sind Gebete an Maria gerichtet. Am 4. Advent wird jedoch ihrer in besonderem Maße gedacht, mit der Verkündigung des Engels, dass sie einen Sohn zur Welt bringen soll, dessen „Herrschaft kein Ende nehmen wird“. Sie ist die Heilige überhaupt, die in der Geschichte der Kunst am häufigsten abgebildet wurde.

In der katholischen Propsteikirche St. Peter und Paul auf dem Potsdamer Bassinplatz werden die Gottesdienstbesucher am kommenden Sonntag an einem besonderen Ereignis teilnehmen. Nach über einem Jahr Abwesenheit können sie die Skulptur der Mondsichelmadonna wieder im Altarraum erleben. Sie lädt zur Andacht ein, aber auch zum Staunen, vor allem wegen ihrer künstlerischen Qualität. Die beiden Potsdamer Restauratoren Grit Jehmlich und Oliver Max Wenske nahmen die hölzerne Figur unter ihre Fittiche und gaben ihr das ursprüngliche glanzvolle Aussehen wieder zurück.

Kurz nach der Einweihung der neuen katholischen Kirche in Potsdam im Jahre 1870 bestellte die Gemeinde bei dem schlesischen Bildhauer Franz Thamm (1831-1902) eine Marienfigur. Der in Bad Landeck wohnende Künstler, der keine professionelle Ausbildung erhielt, hat sich vor allem als Schöpfer von sakralen Bildwerken, ob mit Holz oder Stein, einen Namen gemacht. Für St. Peter und Paul schuf er 1884 eine historisierende Mondsichelmadonna. Das Gewand der Muttergottes ist der Neugotik nachempfunden, ihr Gesichtsausdruck und auch der des Jesuskindes betonen jedoch die eigene Formensprache Franz Thamms.

Mitte der Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts übertünchte man die gesamte Skulptur mit grauer Ölfarbe. Propst Klaus-Dieter Müller sagte, dass dies leider dem Zeitgeist der Sechzigerjahre geschuldet sei, in denen man den „jahrhundertalten Muff“ aus den Kirchen entfernen wollte oder mit einem Einheitsgrau überdeckte. Die Herz-Jesu-Figur in St. Peter und Paul ist ein weiteres Beispiel des unsensiblen Umgangs mit Kunst der 68er. Sie wartet ebenfalls auf ihre „Wieder-Erweckung“. Das unansehnliche Grau der Mondsichelmadonna wurde von Grit Jehmlich und Oliver Max Wenske in ihrer Restauratoren-Werkstatt völlig entfernt, die originale Fassung untersucht und ihr schließlich der ursprüngliche Farbglanz wiedergegeben. Die finanzielle Unterstützung der Kirchengemeinde für diese Arbeit war beträchtlich.

In ein rotes Kleid und einem weiten blauen Mantel gehüllt begegnet Maria als Himmelskönigin mit Krone dem Betrachter. Ihr gesenkter, demütiger Blick ist von großer jugendlicher Schönheit. Und doch strahlt sie Erhabenheit und Würde aus. Das freundlich dreinschauende Jesuskind auf ihrem Arm hebt eine Hand zur Segensspende.

Der Urenkel des Künstlers, Klemens Thamm, der die Restaurierung der Mariendarstellung von Weitem interessiert verfolgte, schrieb in einem Brief an die Potsdamer Gemeinde, dass sein Urgroßvater, der in einfachen bäuerlichen Verhältnissen aufwuchs, von „einer schlichten und unmittelbaren Volksfrömmigkeit geprägt war“, dessen Madonna jedoch durch die Schönheit und Feinheit der menschlichen Züge begeistert. „Ein Zufall war es vielleicht, dass man 2011 zwar an die Restaurierung der Figur dachte, ohne den Künstler zu kennen. Im gleichen Jahr befasste ich mich mit meinem Urgroßvater intensiv, auch mit der Madonna von Potsdam, was schließlich zur Wiederentdeckung der Dokumentation in der Chronik der Pfarrei führte“, so Klemens Thamm.

Franz Thamm hat sich in eine lange Tradition der Mondsichelmadonnen eingereiht. Das erste Kunstwerk taucht erstmals um 1370 in Erfurt als sogenannte „Hirschmadonna“ auf. Bedeutende Künstler vor allem in der Gotik haben sich mit ihrer Darstellung befasst. Propst Müller wusste zu erzählen, dass man die Anregung für diese Madonnen-Bildnisse aus dem Bericht der Vision des Johannes, die man in der Offenbarungs-Geschichte im Neuen Testament findet, fand. „Dort wird von einer kosmischen und von einem Drachen verfolgten schwangeren Frau berichtet, die mit Sternen gekrönt und mit der Sonne bekleidet auf dem Mond steht und dem letzten apokalyptischen Gefecht zwischen dem Drachen und dem Erzengel Michael ausgesetzt wird.“

Grit Jehmlich und Oliver Max Wenske sind glücklich, dass sie mit dieser Restauratoren-Arbeit für die St. Peter und Paul Kirche nun ein weiteres Kunstwerk der Gemeinde übergeben können. In ihrer Werkstatt haben sie unter anderen die Pieta des Bildhauers Johann Peter Benkert und Andachtsbilder von Antoine Pesne, Künstler, die am preußischen Hof zur Friedrich Wilhelms I. und Friedrich des Großen tätig waren, wieder zu neuem Glanz verholfen.

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