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Kultur: Säbeltanz unter kreischenden Mauerseglern

Potsdamer Turmbläser präsentierten auf dem Belvedere gut gespieltes Standard-Repertoire

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Potsdamer Turmbläser präsentierten auf dem Belvedere gut gespieltes Standard-Repertoire Obwohl man zum Pfingstberg-Konzert recht hoch hinauf musste, spielten die Potsdamer Turmbläser auf der Wasserbühne des Belvedere bestimmt nicht von oben herab. Nur eingangs, und nach der Pause, hörte man das Oktett mit unbenannten Fanfarenmotiven (Monteverdi und Holwarth) neben der Pegasus-Gruppe. Über dem Steingeviert kreischten die besten Jäger der Luft gleich hordenweise. Der Mond ging zur Fülle, das Wasser schien recht ölig. Angekündigt war „Festliche Blasmusik im Wandel der Jahrhunderte“ und wie sie in der Architektur widerklinge, davon war in der Moderation des beredten RBB-Mannes Heiko Schwichtenberg nach der Pause weniger die Rede: um Mancinis „Pink Panther“ oder Pat Ballards „Mr. Sandmann“ zu hören, braucht es keiner baukünstlerischen Kenntnisse. Das 1978 gegründete Ensemble um Bernhard Bosecker in der Besetzung von vier Trompeten, Flügelhorn, zwei Posaunen und Bass-Tuba ist bekannt – und viel beschäftigt. Auch nach dem Pfingstberg-Konzert hatte es noch einen Termin in der Sacrower Heilandskirche. Vielleicht muss man allerdings achten, dass der Glanz des in Metall geblasenen Tones nicht durch zu viel Routine getrübt werde, wie es bei den Bach-Chorälen „Nun danket alle Gott“ und mehr noch bei dem ungewöhnlich langsam gegebenen „Es ist genug“ den Anschein hatte. Den ersten Teil jedenfalls hielt man mit Melchior Franck („Intrade“), dem venezianischen Priester und Kapellmeister Pietro Lappi und einem sehr festlichen Henry Purcell („Sonata“) betont klassisch, der zweite war dem Rhythmus des 20. Jahrhunderts gewidmet. Zuerst also Glanz, dann Spritzigkeit, Humor und manchmal auch nicht reine Töne; man hat die Potsdamer Turmbläser, mit Verlaub, schon vollkommener spielen gehört. Doch life ist eben live, nach zwei Zugaben, bekamen die Musiker ihren verdienten Applaus, manchen Jubel dazu. Musik und Architektur? Tatsächlich sei es – nach Schwichtenberg und der Historie - nicht zwingend erforderlich, dass Bläser auch Türmer sein müssten. Dafür gehörten dieselben an feudalen Höfen zu den bestbezahlten Musikern, was er den Potsdamer Musikern auch herzlichst wünschte. Purcell beseelt, auch Vejranowskis „Sonata pastoralis“ und Clarce’s „Prince Eugenes March“ klangen, trotz kreischender Mauersegler, ganz trefflich. Nach der Pause, da man auf Hochgängen wandelte, hörte man mit dem flotten „Tahiti Trot“ „russischen Jazz“ von Schostakowitsch, auch seinen sehr russisch-melancholischen Walzer. Am Schluss – trotz Blässe ziemlich belebend – der hochberühmte „Säbeltanz“ des Armeniers Chatchaturjan in den zinnobernen Sonnenuntergang hinein. Standard-Repertoire mithin, warum denn nicht. Wenn gut gespielt wird... Gerold Paul

Gerold Paul

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