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Kultur: Sakrale Gediegenheit blieb draußen Singakademie Potsdam mit Mendelssohns „Elias“

Ein lebendiges Geschehen voller Dramatik und Innigkeit erreicht unsere Ohren mit Felix Mendelsohn Bartholdys Oratorium „Elias“, das 1846 in Birmingham zur Uraufführung kam. In ihm wird die Geschichte des biblischen Propheten anhand seiner wichtigsten Lebensstationen nachgezeichnet.

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Ein lebendiges Geschehen voller Dramatik und Innigkeit erreicht unsere Ohren mit Felix Mendelsohn Bartholdys Oratorium „Elias“, das 1846 in Birmingham zur Uraufführung kam. In ihm wird die Geschichte des biblischen Propheten anhand seiner wichtigsten Lebensstationen nachgezeichnet. Es schwankt der Glaube, das Volk zweifelt. „Will denn der Herr nicht mehr Gott sein in Zion?“ Diese Worte singt der Chor zu Beginn. Gründe für den Gotteszweifel sind Dürre und Hunger. Bis zum schlussendlichen „Herr, unser Herrscher“ ist es ein weiter Weg. Der Prophet Elias hat viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch wenn uns die alttestamentarische Sicht zuweilen fremd und inadäquat erscheinen mag, so berührt die Geschichte des Menschen Elias doch zutiefst. Obwohl leidenschaftlich überzeugt, gerät dieser Mann Gottes im Lauf seines Lebens in eine tiefe Krise, aus der er erst nach langer „Wüstenzeit“ herausfindet.

Die Singakademie Potsdam hat sich nach gut zehn Jahren wieder dem „Elias“ zugewendet, diesmal unter der Leitung ihres relativ neuen künstlerischen Leiters Thomas Hennig. Im Nikolaisaal musizierte der Chor gemeinsam mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg sowie einem Solistenensemble. Hennig mobilisierte alle Kräfte seiner Sängerinnen und Sänger und hat sie zu einer leidenschaftlichen Aufführung inspiriert, die noch lange nachklingen wird. Keine sakrale Gediegenheit zelebrierte er im Nikolaisaal, sondern erweckte das Drama unter Verzicht eines Bühnengeschehens zum Leben, ohne übertrieben schnelle Tempi.

Mendelssohn war stets auf der Suche nach einem geeigneten Opernstoff. Nach dem Flop seines Frühwerks „Die Hochzeit des Camacho“ von 1827 war er desillusioniert. Mit „Elias“ gelang ihm eine Oper, ohne eine Theaterbühne dafür zu gebrauchen. So verzichtete er auf einen solistischen Erzähler und auf Choräle, um dem dichtgedrängten Ablauf anhand wechselnder Szenarien mehr dramatischen Fluss zu verleihen. Dabei kommen dem Chor große Aufgaben zu.

Die Singakademie präsentierte sich überzeugend facettenreich sowohl als blutrünstige oder tobende Meute wie als andächtige Gemeinde und empathische Illustratorin. Dabei war der überaus schöne, in allen Stimmgruppen warme, ausgewogene und nie forcierende Chorklang eine besondere Wohltat. Dies ist das Verdienst von Thomas Hennig, aber auch das der Sopranistin Christine Wolff, die seit Kurzem die Singakademie stimmbildnerisch betreut.

Den mitunter furiosen Volksszenen des Oratoriums stehen vier Solisten gegenüber. Den Hauptanteil hat dabei der Interpret des Titel gebenden Werkes zu absolvieren. Dafür konnte der junge Bass-Bariton Stephan Bootz vom Stadttheater Gießen engagiert werden. Der junge Sänger bot einen respekteinflößenden Propheten, dem auch menschlich-sympathische Züge nicht fremd waren. Den fesselnden Vortrag von Bootz ließ so manche stimmliche Unebenheit in mildem Licht erscheinen. Der Tenor Michael Zabanoff gestaltete seine Arien mit nuanciertem, lyrisch angenehmem Tonfall, vor allem in der Arie „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“. Wandlungsfähig und mit schönem Stimmmaterial gefiel die Altistin Saskia Klumpp, die besonders die Partie der kaltherzigen Königin lebendig gestaltete, doch auch die weichen, trostvollen Arien wie „Sei stille dem Herrn“. Mit wunderbarer Ausdrucksvielfalt und Präsenz sorgte Christine Wolff mit ihrer Sopranpartie wie gewohnt für bleibende Hörerlebnisse. Kein Wunder, dass der Künstlerin an diesem Konzertabend der Ehrentitel Kammersängerin verliehen wurde. Die kleinen solistischen Partein lagen in besten Händen bei Britta Seesemann, Alt, und Christina Wanke, Sopran.

Mit großem Engagement vermittelte das Deutsche Filmorchester Babelsberg Mendelssohns Farben voll gesättigter Klanglichkeit. Es ließ sich ebenfalls hörbar gern von Thomas Hennigs stressfreiem Dirigat einnehmen. Dankbarer Beifall seitens des Publikums beendete eine bewegende „Elias“-Aufführung.

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