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Kultur: Sammel-Vergnügen

Kulturbund e.V. ist neuer Betreiber des „Güldenen Arm“ / Die Sammlung von Siegfried Lachmann als Dauerausstellung

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Noch in den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts waren sie wohl noch in jedem Haushalt zu finden, die Backformen aus Steingut. Vor allem für das sonn- und feiertägliche Kaffeetrinken wurde in ihnen Kuchen gebacken. Wer keinen Backofen in seiner Küche hatte, machte sich mit den Backformen freitags oder samstags zum Bäcker auf, der für ein paar Pfennige die „auswärtigen“ Backformen zusammen mit seinen selbst hergestellten Waren in den Ofen schob.

Mit zwei Backformen verbindet Siegfried Lachmann besondere Erinnerungen an seine Eltern. Nach dem Tod des Vaters übergab die Mutter die formschönen Gefäße dem Sohn: „Ich backe sowieso nicht mehr.“ Der Beginn einer großen Leidenschaft. Das Ergebnis von Siegfried Lachmanns jahrzehntelangem Sammel-Vergnügen ist nun im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ zu erleben. Bereits vor vier Jahren hat der Potsdamer Grafik- und Gebrauchsdesigner Lachmann seine keramische Sammlung in dem barocken Haus in der Hermann-Elflein-Straße vorstellen können. Damals noch unter maßgeblicher Leitung der Unteren Denkmalschutzbehörde Potsdam. Seit kurzem ist der Brandenburgische Kulturbund e.V. der Betreiber des historischen Gebäudes, das sich als ein authentisches Zeugnis Potsdamer Bau- und Sozialgeschichte präsentiert.

Carla Villwock, Geschäftsführerin des Kulturbundes, sagte gegenüber den PNN, dass man vorhabe, mit verschiedenen Veranstaltungen wie Lesungen und Konzerte das Haus und den Gartenhof zu beleben. „Im unteren Bereich des ,Güldenen Arm‘ wird es wechselnde Ausstellungen geben. Wir möchten, dass hier vor allem Künstler aus Potsdam und der Region den Ton angeben“, so Carla Villwock. „In der oberen Etage soll die Sammlung Siegfried Lachmann als Dauerausstellung ihren Platz haben. Nicht statisch, sondern immer wieder mit neuen Sammelobjekten bereichert.“ Schließlich kann der Potsdamer aus einem reichen Fundus schöpfen.

Ursprünglich sollte in den Räumen die Sammlung der bedeutenden Marwitzer Keramikerin Hedwig Bollhagen einziehen. Aber nach Diskussionen zur Person der Altmeisterin während der NS-Zeit und einer nicht ganz klaren Haltung des Kulturministeriums in Sachen Einrichtung eines Bollhagen-Museums in Potsdam, ging der Zuschlag an das Ofen- und Keramikmuseum in Velten. Für den Brandenburgischen Kulturbund war dies die Stunde, sich für das Betreiben des Museumshauses zu bewerben und es aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken.

Mit Siegfried Lachmanns Keramiksammlung kann nun eine angemessene Dauerausstellung geboten werden, die großes Interesse bei Besuchern nicht verfehlen wird. Vor allem einfache tönerne Töpfe, Teller, Krüge und Kannen, Schüsseln, Formen, Flaschen und Pfannen findet man im „Güldenen Arm“. Es sind vor allem Gefäße, große und kleine, die man in bäuerlichen und in bürgerlichen Haushalten zum Aufbewahren von Milch, Öl und Essig, Sauerkraut, Schmalz oder Mus fand, vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Geschirrtöpfereien waren in früheren Jahrhunderten in allen Gegenden verbreitet und sie hatten viel Arbeit, wurden dabei aber selten reich. Ein Sprichwort heißt: „Aus Ton und Erde bin ich gemacht. Wer mich zerbricht, der Töpfer lacht.“ Es erinnert an die Vergänglichkeit des empfindlichen Tongeschirrs, die den Handwerkern damals das Brot sicherte. Bedeutende Töpferorte gab es in ganz Deutschland. Zu den heute noch bekanntesten gehören Bürgel in Thüringen oder das niederschlesische Bunzlau, das heute in Polen liegt. Aus diesen und anderen Gegenden findet man so manches Stück in der Sammlung. Dabei werden auch die verschiedenen Eigenheiten der jeweiligen Töpfertraditionen erkennbar. Beispielweise die Bunzlauer Keramik mit ihrem Schwämmeldekor oder das Bürgeler Steinzeug mit seiner „blauen Schürze“.

Aber nicht nur Keramik hat Siegfried Lachmann gesammelt, sondern auch Gläser und alte handwerkliche Erzeugnisse aus Eisen und Blech. 5000 Einzelstücke umfasst seine Sammlung. Auf Flohmärkten, in Antiquitätenläden, durch Angebote von anderen Sammlern oder jenen, die mit dem „ollen Zeug“ nichts anfangen konnten, konnte er dieses oder jenes Exponat erwerben. Zunächst musste die Wohnung für das Sammeln reichen. Schließlich mietete er eine Scheune, um den größten Teil der Sammlung ordnungsgemäß unterzubringen. Aufbewahrenswert – zeigenswert. Und so wird ein Stück Alltagskultur der vergangenen Jahrhunderte nun in dieser Dauerausstellung, die auch von einer eindrucksvollen professionellen Gestaltung Siegfried Lachmanns zeugt, lebendig. Klaus Büstrin

„Im Güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, Mi-So 12 bis 18 Uhr, Der Eintritt ist frei

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