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Potsdamer KunstHaus: Sammeln und bewahren

Das KunstHaus stellt acht Sammler und ihre Leidenschaft in den Mittelpunkt.

Stand:

„Die eine Hälfte des Kunstwerkes macht der Künstler, die andere vollendet der Sammler“, sagte der Objektkünstler Marcel Duchamp. Das Motto zitiert der Kunstliebhaber Wilhelm Neufeldt in seiner Eröffnungsrede zu der Ausstellung „Das Glück des Sammelns – Werke aus privatem Kunstbesitz“ im „KunstHaus“ und ergänzt: „Das Kunstwerk spiegelt das, was an Vorwissen beim Betrachter vorhanden ist.“ Einen etwas anderen Blick haben die Sammler Andrea und Bernd-Ulrich Engler. In ihrem schriftlichen Statement in der Ausstellung bemerken sie: „Kunst zu sammeln hat für uns viel zu tun mit Emotionen, Ästhetik und mit der Freude an schönen Dingen.“ Als das Sammlerehepaar im Jahre 2000 ein Blumenstillleben des damals noch nicht so recht bekannten Anton Henning sah, war es spontan hingerissen und erwarb das Bild deshalb unmittelbar, berichtet die Vorsitzende des Kunstvereins Renate Grisebach. Auch bei den anderen sieben Sammlern aus Potsdam und Berlin dürften weniger rationale Kaufentscheidungen, sondern vielmehr Leidenschaft für das einzelne Werk den Ausschlag für den Kunstkauf gegeben haben. Schließlich räumt auch Neufeldt ein: „Jedes einzelne Werk wird vom Sammler geliebt.“

Die Ausstellung versammelt zum zehnjährigen Jubiläum des „KunstHaus“ etliche Werke, die nur selten in die Öffentlichkeit gelangen. Kathrina Sieverdings Gesicht leuchtet rot von einem Fotoporträt, Neo Rauch ist mit der Skulptur „Hirt“ vertreten, und auch weniger bekannte Künstler wie Richard Jordan sind mit Bildern präsent. Quer gestreifte Linien erinnern auf dem Bild von Jordan an Horizonte. Bunte Punkte prangen darauf und konterkarieren den Landschaftseindruck. Die Schlieren und Tupfen bilden eine lebendig pulsierende Einheit, die einen farbfrohen Akzent in der ohnehin recht vielgestaltigen Ausstellung bildet. Denn meist bestimmt nicht das markttechnische Kalkül, sondern die Leidenschaft das Sammeln. Und so liegen die Schwerpunkte der einzelnen Sammlerblöcke ganz unterschiedlich. Während Siegfried Grauwinkel sich mit Werken von Kuno Gonschior, Dirk Rathke und Henri Prosi konsequent der Abstraktion verschrieben hat, versammeln sich an der Wand gegenüber Werke, die eine Vorliebe für fotografisch verfremdete Realitäten erkennen lassen. Ein Kind läuft durch eine orange und dunkelrot entflammte Parkallee, scheinbar verfolgt von einem Gesicht, das aus einem verfremdeten Foto darüber auf den Jungen herabblickt. Die geschickte Korrespondenz der Werke verdankt sich der Hängung der Kulturwissenschaftlerin Annette Jahnhorst und des Bildhauers Hubertus von der Goltz. Zusammen mit dem Künstler Frank Michael Zeidler hat Goltz das Kunsthauses initiiert. Seit der Gründung des Kunstvereins im Jahre 2002 hat sich dieser zu einem Ort entwickelt, an dem mit bis zu acht Ausstellungen im Jahr immer wieder Einblicke in interessante Positionen aktueller Gegenwartskunst zu sehen sind. Nicht selten zeigt der Kunstraum Positionen, die sonst eher in internationalen Zusammenhängen präsent sind.

Dies gilt auch für die Malerin Cornelia Schleime. Von ihr werden in der kommenden Ausstellung Werke zu sehen sein, die in New York, bei einem Stipendium der Künstlerin im Moma PS1 entstanden sind. Ein Ausblick auf die kommende Schau findet sich gegenwärtig im „KunstHaus“: eine grünweiße Stange Porree, gemalt auf ungrundierter Leinwand. Ähnlich Skizzenhaft wie das Bild Schleimes ist ein gerahmtes Blatt von Peter Olpe. „Das ist ein ziemlich rasanter Zeichner“, kommentiert Renate Griesebach. Die Zeichnung sei in dem Atelier des Künstlers entstanden, das am Wasser liege. Das ist dem Bild zwar nicht unmittelbar anzusehen, aber das entstandene Liniengeflecht schwingt ausgesprochen locker über die weiße Fläche.

Hinter manchen der Bilder verbergen sich tragische Lebensgeschichten, wie diejenige des 87-jährigen Künstlers Max Wechsler. Seine Eltern setzten ihn im Alter von 13 Jahren in Berlin in den Zug nach Paris, wo er im Krieg nicht Deutsch sprechen durfte und so nicht nur seine Eltern, sondern auch seine Sprache verlor. Das prägt seine Bilder, deren wesentliche Elemente Schriftfragmente sind. Auch Werke bereits verstorbener Künstler finden sich in der Ausstellung. Auf einer Fotoserie des 2011 verstorbenen Potsdamer Künstlers York der Knöfel sind die Gesichter der abgebildeten Personen von bunten Ballons verdeckt. „Hommage to painting“ hat Knöfel die Serie getauft. Mit der Präsentation des Werkes von Knöfel kommt das Kunsthaus einer Aufgabe nach, der sich private Sammler dort widmen, wo Museen der Kunst vielleicht noch nicht hinreichend Aufmerksamkeit schenken, wie Wilhelm Neufeldt formuliert: dem Sammeln, Forschen und Bewahren. In ihrer Rede weist Renate Grisebach darauf hin, dass Potsdam zwar mittlerweile über einige Kunstvereine verfüge, ein repräsentatives Haus für Moderne Kunst, in dem entsprechende Wechselausstellungen gezeigt werden könnten, aber immer noch fehle. Richard Rabensaat

„Das Glück des Sammelns – Kunst aus Privatbesitz“ im „KunstHaus“, Ulanenweg 9, noch bis 25. August, geöffnet mittwochs, 11-18 Uhr, donnerstags und freitags, 15-18 Uhr, samstags und sonntags, 12-17 Uhr

Richard Rabensaat

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