Kultur: Schätze aus Koffern
Begleitband zu „Jugo – Filmgeschichte in Kleidern“ erschienen
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Es sind wohl vor allem die quirligen Komödien, mit denen Jenny Jugo bekannt wurde. Schon im Stummfilm war sie dabei. Die Ufa nahm sie 1924 unter Vertrag. Zwischendurch ging sie an die kleinere Filmfirma Phoebus. Als der Tonfilm sich meldete, schien ihre Karriere beendet zu sein. Sie musste nun vor allem Sprechunterricht nehmen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Besonders Erich Engels, Georg Jacoby und nach dem zweiten Weltkrieg Helmut Käutner versicherten sich ihrer Mitwirkung in Ufa-Filmen. Das Naive, Liebenswerte und Unbeschwerte, mit einer etwas grotesken Komik von ihr ausgestattet, wurden Jenny Jugos Markenzeichen.
Noch bis Ende März zeigt das Filmmuseum Potsdam eine Ausstellung über den Ufa-Star. Dieser Tage ist auch das umfangreiche Begleitbuch erschienen, das heute von Kurator Guido Altendorf vorgestellt wird. Ausstellung und Buch wurden unter einem besonderen Blickwinkel zusammengestellt, als eine Filmgeschichte in Kleidern. Im Nachlass der 2001 verstorbenen Schauspielerin – sie wurde 97 Jahre – befand sich nicht nur eine Sammlung von Gemälden des Franzosen Maurice Utrillo, sondern auch eine, die in Koffern und Schachteln aufbewahrt wurde. Jenny Jugo muss eine sehr modebewusste Frau gewesen sein. Sie prägte - wie andere ihrer Kolleginnen der dreißiger Jahre – die Mode ihrer Zeit. Was man in Filmen an Kleidern, Kostümen oder Anzügen trug, das wurde auch im realen Leben aktuell. Damals berühmte Designer wie Elsa Schiaparelli, Robert Piguet und Cristóbal Balenciaga entwarfen die Kleider für die Jugo.
Sie war zu ihrer Zeit eine sehr gefragte Schauspielerin. Die meisten ihrer Wünsche und Forderungen konnte sie in den Filmverträgen durchsetzen. Beispielsweise, dass die Filmgarderoben nach Drehschluss in ihr Eigentum übergingen. Und so sammelte sich ein unermesslicher Kleiderschatz an, der aber drohte, nach ihrem Tod fast in alle Winde zerstreut zu werden. Das Filmmuseum Potsdam hatte die schöne Möglichkeit, diese einzigartige Textiliensammlung, zu der Hüte, Schuhe, Accessoires gehören, aus der Zeit des deutschen Film vor 1950 zu erwerben. Auch Fotografien, Drehbücher und Dokumente sind darunter.
Das Begleitbuch erzählt mit den vorzüglichen Artikeln und Fotos ein Stück deutsche Filmgeschichte der zwanziger und dreißiger Jahre. Es ist auch eine Geschichte, in der sich der unselige Geist des Nationalsozialismus in den heiter stimmenden Filmen wie in einem Versteck befand. Hilfreiche Betrachtungen zu den Filmen der Jugo, natürlich aus heutiger Sicht geschrieben, Aufsätze zu den sehenswerten Kostümen und zu deren Restaurierung bieten viele wichtige Hintergrundinformationen.
Bis zum 30. März ist der Band an der Museumskasse zum Vorzugspreis von 9,90 Euro erhältlich. Heute, 16 Uhr, Präsentation. Um1 8 Uhr wird einer von Jenny Jugos populärsten Filmen gezeigt: „Unser Fräulein Doktor“ (1940).
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