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Von Dirk Becker: Schauspiel, Musik und historische Fakten
Die Höfischen Festspiele Potsdam zeigen im August die Freiluft-Wanderoper „Lalla Rûkh – Eine orientalische Romanze“
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Sie hat Robert Schumann zu seiner Komposition „Das Paradies und die Peri“ inspiriert. Der irische Schriftsteller Thomas Moore hatte mit seiner „orientalischen Romanze“ über sie seinen größten Erfolg. Und der Maler Wilhelm Hensel schuf 12 Aquarelle, die später als Radierungen eine große Verbreitung fanden. Die Rede ist von Lalla Rûkh, einer indischen Prinzessin. Ein Märchenwesen, das von seinem despotischen Vater zu einer Hochzeit mit einem unbekannten Prinzen gezwungen wird und sich ausgerechnet in einen Geschichtenerzähler verliebt. Aber wie in Märchen so üblich: Ende gut, alles gut!
Am 23. März 1821 war die Geschichte von Lalla Rûkh als „Festspiel mit Musik & Tanz“ im Berliner Stadtschloss vor etwa 4000 Gästen zu erleben. Die prunkvolle Ausstattung stammte von dem Architekten und Bühnenbildner Karl Friedrich Schinkel, die Gesangskompositionen hatte Caspare Spontini verfasst und Hofopernintendant Karl Graf Brühl führte Regie. Friedrich Wilhelm III. und seine Frau Luise ließen das Spektakel für die Rückkehr ihrer Tochter Charlotte aufführen, die vier Jahre zuvor auf Wunsch ihres Vaters den russischen Großfürsten und späteren Zaren Nikolaus I. in Russland geheiratet hatte.
Im August nun werden Teile dieses Stücks als Freiluft-Wanderoper unter dem Titel „Lalla Rûkh – Eine orientalische Romanze“ am Pfingstberg zu erleben sein. Die Höfischen Festspiele Potsdam haben für ihre Inszenierung erstmals sämtliche originalen Gesangspartien und Tänze zusammengetragen und wollen so musikalisch und szenisch die Geschichte von der Prinzessin Tulpenwange, so Lalla Rûkh auf Deutsch, und ihrer langsam entflammenden Liebe zum Geschichtenerzähler in acht Vorstellungen erzählen.
„In fünf Kapitel ist diese Inszenierung aufgeteilt“, sagt Kaspar von Erffa vom Vereinsvorsitz der Höfischen Festspiele. Beginnend an der Villa Quandt geht es in mehreren Etappen über den Pomonatempel hoch zum Belvedere auf dem Pfingstberg. Gut anderthalb Stunden soll die Vorstellung mit Sängern, Schauspielern, dem Kammerensemble Classic der Deutschen Oper Berlin und dem Potsdamer Tanzensemble von Marita Erxleben dauern, die mit einem kleinen orientalischen Buffet beendet wird. „Lalla Rûkh, das ist unser Großprojekt für dieses Jahr“, so von Erffa.
Kaspar von Erffa sagt bewusst Großprojekt und nicht Höhepunkt in dem Jahresprogramm der Höfischen Festspiele Potsdam. Denn auch wenn „Lalla Rûkh – Eine orientalische Romanze“ das Aushängeschild ist, die vier weiteren Neuproduktionen und zwei Wiederaufnahmen, obwohl in Vorbereitung und Umsetzung weniger aufwendig, haben für den Verein ebenfalls eine hohen Stellenwert.
Seit 2008 versuchen die Höfischen Festspiele durch ungewöhnliche Programme, anspruchsvolle musikalische und schauspielerische Unterhaltung mit geschichtlichen Personen und Ereignissen zu verbinden. In Zusammenarbeit mit der Schlösserstiftung nutzen sie die historische Architektur als Kulisse für ihre Inszenierungen. So war es bei dem pantomimischen Tanz „Dädalus und seine Statuen“ im Schloss Charlottenburg, bei deren Uraufführung im Jahr 1804 Königin Luise persönlich mitwirkte und bei „Aber mein Herz ist jung“, einem musikalisch-literarischen Streifzug über die Pfaueninsel auf den Spuren von Königin Luise von Preußen, den die Höfischen Festspiele im vergangenen Luisejahr allein zwölfmal durchführen mussten. „Unsere Veranstaltungen sind für überschaubare Besuchergruppen konzipiert“, sagt von Erffa. Im Schnitt 50 Besucher seien, auch in Absprache mit der Schlösserstiftung, zugelassen. „Wir versuchen bei unseren Inszenierungen so originalgetreu wie möglich zu sein und lassen bei unseren Produktionen entweder die entsprechenden Personen selbst in Briefen oder Tagebuchaufzeichnungen oder Zeitgenossen zu Wort kommen“, beschreibt von Erffa das Konzept.
So wird es auch bei dem Programm „Die Königin von Babylon“ sein, das Anfang Juni Premiere hat. Dieser musikalisch-literarische Spaziergang durch den Park Babelsberg auf den Spuren von Kaiserin Augusta anlässlich ihres 200. Geburtstags wird durch Texte von Goethe, Wilhelm I. und der Kaiserin Augusta persönlich begleitet. Dazu kommt Musik von Schubert und Zelter, Mendelssohn-Bartholdy und Schumann. Schon am 17. April wird es unter dem Titel „La Danse des Éléments“ eine Aufführung mit dem Tanzensemble Ballet Baroque aus Berlin und dem Ensemble Celeste Sirene aus Potsdam an der Großen Fontäne von Park Sanssouci geben.
Für den Verein der Höfischen Festspiele Potsdam ist dieses Programmkonzept schon jetzt zu einem Erfolg geworden. Die insgesamt 35 Mitglieder, von denen zehn aktiv an der Programmplanung und Umsetzung beteiligt sind, wollen noch in diesem Jahr aus der Vereinsstruktur eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung machen. „Für einige von uns ist das mittlerweile zum Fulltime-Job geworden“, sagt von Erffa. Mit der neuen Gesellschaftsstruktur soll auch die Finanzierung verbessert werden, die derzeit noch auf Geldern von Fördermitgliedern und den Einnahmen aus den Veranstaltungen beruht. „Wir wollen aber keine Kulturförderung beantragen“, so von Erffa. Denn in Potsdam soll die Höfischen Festspiele in dieser Hinsicht niemand als Konkurrenten verstehen. „Wir sehen unsere Festspiele als Investition für die Zukunft und werden bei der Finanzierung zukünftiger Projekte über die Wirtschaft gehen.“ Entsprechende Pläne für diese Zukunft gibt es schon. So ist für das kommende Jahr zum 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen unter dem Titel „Le Carrousel de Sanssouci“ ein barockes Reitspektakel vor dem Neuen Palais geplant.
www.hoefische-festspiele.de
Dirk Becker
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