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Kultur: Schnörkellos und ergreifend

Kinder- und Jugendchor der Singakademie Potsdam spielte die Kinderoper „Brundibar“ von Hans Krása

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Eine einfache Geschichte wird erzählt. Die Kinder Pepicek und Aninka wollen auf einem Marktplatz mit Singen Geld für die kranke Mutter sammeln. Doch ihre zarten Stimmen sind zu schwach und werden von den Vorübereilenden nicht gehört. Der böse Leierkastenmann Brundibar will sie außerdem verjagen. Nur er will hier musikalisch das Sagen haben. Doch mit Witz, List und Solidarität gelingt es ihnen, gemeinsam mit anderen Kindern und der Hilfe eines Spatzes, einer Katze und eines Hundes Brundibar zu besiegen. Nichts kann den Chor der Kinder mehr aufhalten, die gemeinsam singen.

„Brundibar“, die gut vierzigminütige Kinderoper des tschechischen Komponisten Hans Krása, ist für Kinder geschrieben und soll vor allem von ihnen selbst auf die Bühne gebracht werden. Und so nahm sich der Kinder- und Jugendchor der Singakademie Potsdam unter der Leitung von Konstanze Lübeck des Bühnenwerkes an und brachte es gemeinsam mit einem Instrumentalensemble der Städtischen Musikschule (Dirigent: Andreas Jerye) im Treffpunkt Freizeit zur Aufführung und wurde am Donnerstagabend enthusiastisch gefeiert.

Die Entscheidung der Singakademie, den Premierentermin rund um das Gedenken an die Novemberpogrome des NS-Regimes gegen die deutschen Juden vor 73 Jahren anzusetzen, war erfreulich. Denn einzigartig ist die Aufführungsgeschichte von „Brundibar“. Die Oper wurde 1943 im „Vorzeige“-Ghetto Theresienstadt uraufgeführt. Von den dorthin deportierten jüdischen Kindern und Erwachsenen. Zwischen 1943 und 1944 sangen und spielten die Kinder die Oper 55 Mal. Hans Krása, der selbst in Theresienstadt gefangen gehalten und in Auschwitz ermordet wurde, bearbeitete seine Oper für die Aufführung im Ghetto.

Wie kann man Kindern und Jugendlichen die Geschichte der Nazi-Schreckensherrschaft näher bringen? Vielleicht auch so spielerisch und doch so ernst, wie es hier mit Hans Krásas Kinderoper und der Inszenierung versucht wurde? Es war wohl schon ein Kunststück, wie Regisseur Steffen Drotleff die rund 40 Chormitglieder zu einer erzählenden und stilisierenden Gruppen-Bewegung begeisterte. Gut, dass die Inszenierung nicht den Versuch unternahm, die Geschichte mit vielen Extras zu überhöhen. Sie blieb schnörkellos und darum wohl so ergreifend. Bewundernswert, wie Chorleiterin Konstanze Lübeck die jungen Stimmen sicher vorbereitete und zu einem hell-schönen Zusammenklang brachte. Dies schaffte Raum für ein weitgehend freies Spiel. Man hatte den Eindruck, die Kinder und Jugendlichen stürzten sich mit Freude und großer Ernsthaftigkeit in ihre Aufgaben, allen voran die Hauptdarsteller Nicole Heinecke als Brundibar, Johanna Haseloff und Augustin von Saldern als Geschwisterpaar Aninka und Pepicek. Die Musik, die zu bewältigen war, ist klar gebaut, rhythmisch und in der schlichten Melodieführung kindgerecht, jedoch nicht simpel.

Dafür sorgt vor allem auch das farbig besetzte Orchester und die recht anspruchsvoll komponierte Partitur. Sie wurde von den jungen Musikschul-Instrumentalisten mit erstaunlicher Sicherheit und feiner musikalischer Delikatesse gespielt. In Andreas Jerye hatten sie und die Darsteller auf der Bühne einen Dirigenten, der das Ganze musikalisch fest im Griff hatte und sie immer wieder zu erstaunlichen Leistungen inspirierte. Klaus Büstrin

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