Von Heidi Jäger: Schön hässlich
Caroline Lux ist ab heute als Hexe in „Hänsel und Gretel“ am Hans Otto Theater zu sehen
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Wenn schon Hexe, dann richtig. Caroline Lux kann ab heute die bitterbösen Niederungen dieses berühmt-berüchtigten Zauberwesens in all“ ihren Facetten durchschreiten. Mit hochhackigen Schuhen und verrücktem Kleid erscheint sie den beiden armen Kindern Hänsel und Gretel wie eine Traumfrau aus der Werbung. Sie gibt sich wild und schrill und keineswegs angsteinflößend. Doch sind ihr die treugläubigen Kinder erst einmal auf den Leim gegangen, verwandelt sich die Wunder vollbringende Schöne in das garstige menschenfressende Biest, für das sie nun mal bekannt ist. Mit Hakennase und dämonischem Blick jagt sie sicher auch den kleinen Besuchern des diesjährigen Weihnachtsmärchens im Hans Otto Theater einen leichten Schauer über den Rücken.
Bestes Schauspielfutter, auf das Caroline Lux mit Freude zugreift. Auch die vor ihr liegenden 22 Vorstellungen schrecken sie keineswegs. Schließlich ist sie Weihnachtsmärchen erfahren und stand vor zwei Jahren bereits als „Zwerg Nase“ in doppelt so vielen Aufführungen verzaubernd auf der Bühne. Gerade, nachdem Fontanes „Stechlin“ kurz vor der Premiere abgesagt wurde, in dem sie eine der Hauptrollen spielen sollte, habe sie sich unglaublich über das Märchenangebot gefreut. „Zumal mir die Arbeiten von Carsten Kochan sehr gefallen. Wir hatten von der ersten Probe an viel Spaß.“
Kinder seien ein herrliches Publikum, schwärmt die 29-Jährige, die vor drei Jahren von der HFF ans Hans Otto Theater kam und ihren Einstand am Kinder- und Jugendtheater gab. Inzwischen hat sie auch im Schauspiel große Rollen gestemmt, war das Gretchen im Faust, die Helena im Sommernachtstraum. Besonders aber mag sie Figuren, die nicht die Lieben, Guten und Schönen sind. „Etwas völlig Uneitles zu spielen, liegt mir mehr“, und als Jack Wiesel in „Robin Hood“ konnte sie sich da schon bestens beweisen.
Nunmehr füllt sie das Grimmsche Märchen mit der nötigen Portion Grusel aus, die die Sechsjährigen aber nicht überfordern soll. Obwohl der Regisseur eine eigene Fassung schrieb, die die bekannte Geschichte präzisiere, seien die Gebrüder Grimm keineswegs entfremdet. „Dieses Märchen ist gar nicht so weit weg von unserer Zeit. Ich habe gerade einen Bericht über Hartz IV-Empfänger gehört, in dem Eltern erzählten, dass sie Probleme haben, ihre Kinder zu ernähren. Sicher ist es eine Zuspitzung, dass eine Mutter ihre Kinder in den Wald schickt. Aber es trifft den Punkt, was in der Inszenierung jedoch nicht ausgestellt wird.“
Seit sie selbst Mutter ist, spiele sie noch lieber für Kinder. „Ich denke immer, da unten könnte mein eigener Sohn sitzen“. Der ist indes erst zwei Jahre und beim Puppentheater noch besser aufgehoben, als bei den Gebrüdern Grimm. Derzeit sei es oft schwierig, Abendproben und Vorstellungen mit der eigenen Familie in Einklang zu bringen, zumal ihr Mann auch am Hans Otto Theater als Bühnenbildner arbeitet. „Zum Glück wohnen beide Großeltern in Berlin“, dort wo auch Caroline Lux zu Hause ist. Ihr sei es wichtig, Beruf und Privates zu trennen. Und so sei ein Umzug nach Potsdam nie ein Thema gewesen. Nun ist es ohnehin erledigt: Zum Ende der Spielzeit läuft ihr Engagement aus – wenn der neue Intendant das Zepter übernimmt. „Im Moment ist für uns alles sehr ungewiss, aber wir haben beschlossen, daraus etwas Positives zu machen. Ich werde erst einmal frei beruflich arbeiten und mich mehr um mein Kind kümmern. Und vielleicht endlich den lang ersehnten Tango-Kurs belegen.“ In der Vergangenheit reihte sich ein Stück an das andere, blieb ihr keine Zeit zum Nachdenken. „Selbst zum Joggen komme ich kaum.“ In ihren alten Beruf als Balletttänzerin zurückzukehren, komme für sie nicht mehr in Frage. „Der Beruf liegt jetzt acht Jahre hinter mir, da fehlt jeder Muskel.“
Gern erinnert sie sich an ihre Kindheit, als sie ihren Eltern, die auch beide Tänzer waren, bei den Proben zuschaute: „Ich saß still und brav in der Ecke und war fasziniert.“ Das eigene Kind würde sie indes nicht mit auf Proben nehmen. „Sprechtheater ist etwas anderes, als Pirouetten drehen. Wie könnte mein Sohn auch verstehen, wenn seine Mutter plötzlich zur Hexe wird?“
Premiere heute 10 Uhr, Neues Theater
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