Kultur: Schön schräg durchs All
„Zu den Sternen“ heißt das Programm von Klassik am Weberplatz am kommenden Samstag
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Zufrieden ist Knuth Andreas erst, wenn es richtig klingt – in diesem Fall schön schräg. „Das sind irre, tolle Klänge, aber dafür ein Gespür zu entwickeln, sich das Stück aus dem Verlauf heraus zu erschließen, das ist schwer. Da muss man sich erst langsam reinhören“, sagt der Leiter und Dirigent des Potsdamer Ensembles Collegium Musicum. In der letzten Probe für das Konzert Klassik am Weberplatz am kommenden Samstag bastelt er manche Dissonanzen noch einmal akribisch zusammen, lässt die Töne der Bläser einzeln klingen und dann zueinanderfinden, bis das Gemisch vibriert und kraftvoll strömt. „Ja, da ist noch eine fiese Septe dazwischen und ein G, das sich dummerweise mit dem A reibt“, ruft Andreas den Blechbläsern tröstend zu.
Doch diese Reibung ist gewollt, für die mittlerweile sechste Open-Air-Nacht rund um die Babelsberger Friedrichskirche hat sich Knut Andreas Filmmusik ausgesucht. Galaktische, sinfonische Klänge aus den Filmen Star Trek, Star Wars, E.T. und Raumpatrouille Orion. „Ich sehe mir total gern Science Fiction an“, sagt er. Im Vorfeld der Proben haben sich auch einige Orchestermitglieder noch einmal die Filme angesehen, der Rest ließ sich spätestens von der Musik mitreißen.
„Das ist eine sehr spannende Tonsprache“, sagt Andreas zu den Kompositionen, der Suite aus Star Trek von Jerry Goldsmith, John Williams Musik aus dem Film „E. T“. sowie der Suite aus „Star Wars“ und Peter Thomas’ Musik für „Raumpatrouille Orion“, erste und bekannteste deutsche Science-Fiction-Fernsehserie aus den 60er-Jahren. Dazu kommen im zweiten Konzertteil „Die Planeten“, eine Orchestersuite des englischen Komponisten Gustav Holst, die er von 1914 bis 1916 für große Sinfonieorchester schrieb. Mars, Venus, Merkur, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun heißen die sieben Sätze. Während des Spiels werden auf einer großen Leinwand an der Kirchenwand Bilder aus dem Weltall zu sehen sein. Das Potsdamer Leibniz-Institut für Astrophysik hat Aufnahmen aus dem All, eine bildliche Reise zu Planeten, zur Verfügung gestellt.
Musikalisch ist das monumentale Werk eine Herausforderung für Potsdams ältestes und größtes Laienensemble. „Das ist schon reichlich schwierig, wir haben uns viel Probenvorlauf gegeben“, sagt Andreas. Zur normalen Besetzung von immerhin etwa 70 Musikern kommen für die „Planeten“ zwei Pauker mit jeweils drei Pauken, außerdem zwei Harfen, eine riesige Bass-Oboe und ein Euphonium, eine Art Mini-Tuba. „Es wird eng vor der Kirche“, befürchtet der Dirigent. Auch er ist nicht allein: Am kommenden Freitagabend wird er abwechselnd mit einer Kollegin aus Brasilien, Cinthia Alireti, dirigieren. „Das ist das erste Mal, dass den Job eine Frau macht“, sagt Andreas.
Ob an dem Abend möglicherweise Brasilien ein Fußball-WM-Spiel hat, das weiß er nicht, Deutschland zumindest sei in dieser Nacht nicht dran. Er hofft, dass trotz WM wie in den vergangenen Jahren mehr als 2000 Besucher kommen werden. Wie immer ist der Eintritt frei. Allerdings ist das Orchester auf Spenden angewiesen. Allein die Noten für die ausgefallenen Stücke seien sehr teuer, weil mit dem Erwerb die – einmaligen – Aufführungsrechte erworben werden. Das Programm kann in dieser Form deshalb nur einmal gespielt werden.
Wer das Konzert verpasst, dem bleiben dann noch die Hollywood-Filme. Doch wenn das Orchester live die Musik von „E.T.“ aufführt, ist das weitaus bewegender. „Das ist so eine schöne Musik, diese Kinderfreude auf den kleinen Außerirdischen“, schwärmt der Orchesterleiter bei der Probe und lockt die zarten Flöten und Oboen aus der Reserve.
Klassik am Weberplatz mit „Zu den Sternen“ am Samstag, 28. Juni um 20.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, Sitzgelegenheiten vorhanden, Picknickdecken sind gern gesehen. Bei Regen findet das Konzert in der Friedrichskirche statt.
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