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Tai-Chi Dao-Yin
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Selten fühlt man die Grenzen der eigenen Beweglichkeit so deutlich. Der Versuch, das Fußgelenk zu kreisen und dabei die Zehen langsam einzeln und nacheinander abzuspreizen, angefangen mit dem kleinsten, misslingt kläglich. Es zieht in den Waden, das Fußgelenk fängt klagend an zu knacken.
Die Füße seien das Fundament des Körpers, sagen Physiotherapeuten und Tänzer. Sie können eine Menge über Verspannungen verraten. Jemand muss nur, das haben viele schon schmerzhaft erfahren, an den richtigen Fußreflexstellen drücken. Oder man kann an ihnen schrauben: Der Körper sei voller Spiralen, lernen wir von Chian-Mei Wang, die während der Tanztage eine besondere Variante des Tai-Chi unterrichtet: Tai-Chi Dao-Yin.
Spiralen finden sich in den Händen, in der Wirbelsäule, in den Schultern, Beinen und in den Füßen. Sie können gegeneinander wirken, „den Körper aufrütteln“, wie Chian-Mei Wang es nennt. Sie setzt die Spiralen in Bewegung: Der kleine Finger spreizt sich langsam von der Hand ab, zieht den Ringfinger mit sich, bis der Handteller auch das Handgelenk in den Kreis mitnimmt, der sich in die Ellenbogengelenke fortsetzt.
Nicht die Posen und das Tempo seien das Wichtigste beim Tai-Chi, sondern die Kraft, die in jeder kleinen Bewegung liegt, sagt Chian-Mei Yang.
Thai-Chi Dao-Ying hat ein besonders intensives Repertoire an diesen Spiralen, zu denen die Gelenke und die Muskulatur fähig sind. Oder waren, wenn man sie schon zu lange nur auf ihre alltäglichen routinierten Bewegungen begrenzt hat.
Chiang-Mei Wang fasst jeden Teilnehmer ihres Kurses nur einmal an. Eine Armdrehung aus dem Schultergelenk, am Ende wird der Arm nach hinten ausgestreckt, sie drückt die Hand auf die Schulter. „Diese Gefühl müsst ihr auch alleine finden“, sagt sie. Es tut nicht weh, aber es spricht genau diese Stellen an, an die man alleine nie rankommt. „Massage“, sagt Chiang-Mei Wang grinsend. Bitte, noch mal, steht auf den Gesichtern jedes Einzelnen in der Runde.
Chiang-Mei Wang verschränkt die Hände ineinander wie beim Yoga. Sie dreht den Oberkörper, beugt ihn und streckt sich wieder aus, faltet die Hände und öffnet sie wieder. Immer weiter. Erst anspannen, dann entspannen, dabei einatmen und ausatmen, Energie tanken. Die Spirale windet sich durch den ganzen Körper. „Schrauben, schrauben, immer schrauben“, sagt Chiang-Mei Wang. An ihrem Atem hört man, wann sie die Muskeln in ihrem Körper anspannt und wie sie beim Ausatmen loslässt. Manchmal schüttelt sie noch die letzte Anspannung energisch aus ihren Händen. Bei Chiang-Mei Wang sieht es ganz leicht aus. Sie bekommt bestimmt auch keinen Muskelkater mehr. Undine Zimmer
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