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Kultur: Schweinebaumeln zwischen Worten
Neue Produktion der Oxymoron Dance Company „3.eins...“ mit Melanie Straub in der Arena
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Sie mussten erst zueinander finden: die Akteure im neuen Stück „3.eins...“ der Oxymoron Dance Company, das am morgigen Donnerstag Premiere hat. Ihren drei Profis und Tanz-Dozenten stellte die Regisseurin und Leiterin von Oxymoron, Anja Kozik, eine Schauspielerin des Hans Otto Theaters zur Seite. Es ist bereits das zweite Mal, dass Kozik mit den Nachbarn in der Schiffbauergasse kooperiert. Nun bildet Schauspielerin Melanie Straub mit den drei Tänzern Agnes Wrazidlo, Timo Draheim und Prince Ofori das Team für „3.eins...“
„Ich hatte schon immer Lust, einmal zu tanzen, mich aber nie getraut, bei Anja anzufragen“, sagt die Schauspielerin in einer Probenpause. Also wartete sie, bis die Tanz-Chefin auf sie zukam. Und natürlich habe sie abends Muskelkater, aber „es ist ein schönes Gefühl“. „Sie tanzt genau wie wir“, sagt Kollege Prince Ofori anerkennend. Das stimmt dann aber doch nicht ganz. In Straubs konzentrierten Bewegungen verrät sich die Herkunft aus einem anderen Fach – was das Zusammenspiel ganz reizvoll macht. Die kindlich zarte, jedoch drahtige Frau ist anfangs mit ihrer Gegenspielerin Agnes Wrazidlo durch verschlungene Bänder verbunden. Doch während sich – zu Musik von Christoph Kozik – Agnes Wrazidlo mühelos und leichtfüßig-grazil, doch akkurat bewegt, bleibt bei Melanie Straub ein Moment der Unsicherheit, das sie verletzlich macht: Mühsam ist ihr Versuch, mitzuhalten. Ihr Anderssein wirft Fragen auf.
Der Titel „3.eins...“ soll natürlich, erklärt Kozik, auch eine inhaltliche Assoziation hervorrufen. „Die drei Fragezeichen“ kenne ja fast jeder als Buchtitel der Kinderkrimis. „Auch hier stehen Fragen im Raum: Wie sehr sind wir in unseren Strukturen verhaftet, vielleicht sogar in ihnen gefangen, und können wir uns von ihnen befreien, um Begegnungen zuzulassen?“
Das Bühnenbild wird von einem eisernen quadratischen Gerüst dominiert, einem Kinder-Klettergerüst nicht unähnlich. Es kann Spielort, aber auch Käfig sein. Anziehend ist es in jedem Fall. Die Tänzer sind durch Verbandsmaterial miteinander lose, wie Marionetten, verbunden. Mal meiden sie die Nähe, mal suchen sie einander. In der Nähe bleibt die Spannung erhalten, dazwischen liegen Worte, geschrieben auf dem Boden, mit Kreide wie in Kinderzeiten, oder ausgesprochen in der Luft. Melanie Straub spricht Textpassagen der deutsch-französischen Schriftstellerin Claire Goll, der Amerikanerin Sylvia Plath und der deutschen Autorin Dea Loher – Stimmen dreier Generationen von Frauen. Sie murmelt leise – wie eine Verwirrte, pathologisch-orientierungslos, suchend, wenn sie, wie es am Donnerstag sein soll, über eine Slackline am Käfig vorbei balanciert, schleichend wie eine hungrige Katze. Im eisernen Käfig ist Agnes Wrazidlo gerade nach einem kraftvollen Pas de deux von Prince Ofori zum befreiten Schweinebaumeln auf die oberste Sprosse gehoben worden. Das war lustig.
Anja Kozik hofft, dass auch zur Schülervorstellung am Freitagvormittag viele kommen werden. Es gebe da oft eine gewisse Hürde. Aber wer sich aufrafft, sei normalerweise begeistert, so die Regisseurin. Es ist eben immer noch ein Genre, dass sich schlecht greifen und einordnen lässt und das vielleicht auch gar nicht will. Wie viel Arbeit in dem Entstehungsprozess eines neuen Tanzstücks steckt, zeigt der Film von Simone Winkler. „Before Opening Night – Richard Wherlock and his Company“ begleitet Choreografen und Tänzer vom Probenraum bis zur Premiere. Der Film wird Freitagabend als Vorpremiere gezeigt, die Regisseurin Simone Winkler wird zum Filmgespräch anwesend sein.
Anschließend findet in der Waschhausarena eine Open-Dance-Session mit experimenteller Musik und Wettbewerbscharakter statt. Es darf spontan in allen denkbaren Tanzstilen mitgemacht werden: Ballett oder Breakdance, Wackin, Krump, Newstyle oder Streetdance. „Es gibt ja sonst keine Möglichkeit, sich mal auf dem Dancefloor zu begegnen und auszutauschen, meist bleiben doch alle unter sich“, sagt Prince Ofori.
„3.eins...“ am 15. und 17. November um 20 Uhr, Eintritt 12, erm. 8 Euro; am Freitag um 11 Uhr Schülervorstellung. Film und Dance Session am 16. November, um 20 Uhr, Eintritt 6 Euro, jeweils in der Waschhaus-Arena, Schiffbauergasse
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