Von Klaus Büstrin: Schwindlig wie auf einer Achterbahn Daniel Hope musizierte
mit der Kammerakademie
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Barockmusik zur Weihnachtszeit. Gern soll damit die friedenbringende Botschaft mit frohmachender Festlichkeit unterstrichen werden. Die Kammerakademie Potsdam hat drei Tage vor dem Heiligen Abend Besucher eingeladen, im friderizianischen Theater im Neuen Palais Musik der beiden italienischen Barock-Komponisten Arcangelo Corelli und Antonio Vivaldi zu hören. Doch keine Stunde adventlicher Besinnlichkeit und Träumerei war zu erleben, kein barockes, federleicht-gemütliches Klang-Meublement bescherten die Musiker unter der Leitung des plaudernden Stargeigers Daniel Hope sowie des Konzertmeisters des Potsdamer Orchesters, Peter Rainer, ihre Gäste.
Bei der Musik von Vivaldi fühle sich Hope, wie er selbst einmal sagte, wie in einer Achterbahn. In solch ein schwindelerregendes Karussell wurde man als Zuhörer bei seinen Interpretationen eingeladen, bei den Violinkonzerten Es-Dur RV 253 (La Tempesta di Mare) und a-Moll 357, bei der Triosonate d-Moll RV 63 („La Follia“) sowie beim Konzert für zwei Violinen in a-Moll(RV 522) und jenes in d-Moll (RV 565), das neben den beiden Geigen sich auch das Violoncello solistisch hervortun durfte. Wäre da nicht die Zugabe, das wunderbar zarte Larghetto aus dem Violinkonzert RV 295 gewesen, hätte man den Eindruck gehabt, da fühle sich jemand ausschließlich auf der Achterbahn wohl.
Ausgefallene Effekte, große Virtuosität sind bei dem venezianischen Komponisten, der mehr als 220 Konzerte allein für die Violine schrieb, von größter Bedeutung. Sie bieten dann auch einem Virtuosen wie Daniel Hope alle Möglichkeiten, sein Können unter Beweis zu stellen. Des Geigers undogmatische Interpretation lässt hierbei keine Wünsche offen, er hat die Partien mit einer Präzision bis ins letzte Detail erarbeitet. Manchmal aber wirkten die schnellen Sätze allzu gehetzt, als ob Vivaldi vorrangig mit Aktionismus beizukommen wäre.
Peter Rainer, der bei den Doppelkonzerten ebenfalls solistisch mitwirkte, brauchte dem Gast kein aufgesetztes Paroli zu bieten, um zu zeigen: Das kann ich auch. Der Konzertmeister der Kammerakademie wartete ebenfalls mit einem exzellenten Geigenton auf und hatte sich, wie die anderen Orchestermitglieder, die Konzeption Michael Hopes zu Eigen gemacht. Großartig das farbig eingesetzte Basso continuo mit Cembalo, Violoncello, Kontrabass und Theorbe.
Zwischen dem populären Vivaldi holte die Kammerakademie Arcangelo Corelli aus seiner immer noch musikhistorischen Ecke heraus. Denn der größte Teil seiner Musik, beispielsweise das Concerto grosso op.6 Nr. 8 „Fatto per la notte di Natale“ erklingt nur saisonal, zu Weihnachten. Im Schlosstheater waren die Concerti grossi in D-Dur op. 6/1 und in B-Dur op.6/5 zu hören. Das Orchester, das mit einer maßvoll, nie ins Konfektionierte umschlagenden Originalklang-Rhetorik aufwartete, hat die Concerti mit ihrer improvisatorischen Leichtigkeit und durchdachten Form-Veredelung facettenreich musiziert. Das Virtuose ist bei Corelli nicht auf pure Oberflächen-Brillanz angelegt. Es funkelte und glitzerte allenthalben. Und es gab wunderbare Licht- und Schattenspielereien. Peter Rainer leitete souverän diese bewegenden Interpretationen und war ein glänzender Solist, bei dem seine Kollegin Christiane Plath, ebenfalls mit Soli aufwartend, keinesfalls zurückstand. Der Beifall des dankbaren Publikums war für alle überaus herzlich.
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