Kultur: Sehsüchtig erwartet
Am 2. Mai beginnt das internationale Studentenfestival – schon zum 40. Mal. Zu sehen sind 100 Filme
Stand:
Drei junge Frauen lachen und tratschen unter den Kirschbäumen. Sie sind Pflückerinnen auf einer Plantage in Israel. „Am Tag vor meiner Hochzeit hatte ich auch Angst“, sagt eine „aber glaub mir, es wird besser“. „Das können wir jede Nacht hören“, erwidert eine andere. Nur die dritte, die in der Mitte, bleibt still. Nadine wird bald heiraten. Nachts nach der Arbeit näht sie ihr Hochzeitskleid. Aber in den Mittagspausen auf der Plantage trifft sie sich heimlich mit ihrem Kollegen Shacha. Sie träumen unter den Kirschbäumen von einer gemeinsamen Zukunft und einer eigenen Bäckerei in Paris. „La Cherie“ könnte sie heißen. Während sich Nadine vor den anderen immer mehr verschließt, rückt ihre Hochzeit näher und die heikle Frage der Jungfräulichkeit wird für sie immer relevanter.
Der israelische Film „Tfarim“ (Stiche) bot auf der gestrigen Pressekonferenz des 40. Internationalen Studentenfilmfestivals „Sehsüchte“ der Filmhochschule Konrad Wolf (HFF) nur einen Vorgeschmack auf das Programm. Von 100 ausgewählten Filmen werden 70 im Wettbewerb laufen und 15 am letzten Tag ausgezeichnet. 77 Filmemacher wurden eingeladen, um dem Publikum Rede und Antwort zu stehen. Die meisten haben zugesagt, auch international. Nur bei zwei, so Jurymitglied Hella Schmidt, gäbe es noch Probleme mit den Visa aus Birma und Südafrika.
Wie es mit Nadines Träumen weitergeht, wird man am 6. Mai erfahren können. Dann läuft er im Themenblock „EXistenZ“ zusammen mit vier weiteren Filmen aus Bosnien, Myanmar, Deutschland und Rumänien. Sie beschäftigen sich alle mit Menschen, die verschiedene Risiken eingehen, um ihre Existenz zu sichern. Manchmal geht es dabei auch um Leben oder Tod.
„Insgesamt ist das Festival dieses Jahr sehr politisch und gesellschaftskritisch“, fasste Programmmacher Hauke Jebsen zusammen. Aber auch die schwergewichtigen Themen könnten humorvoll umgesetzt werden, wie in dem norwegischen Eröffnungsfilm „Tuba Atlantic“: Der 70-jährige Oscar möchte seinem Bruder auf der anderen Seite des Atlantiks ein Zeichen senden, bevor er stirbt. Mit Hilfe einer Tuba.Gespannt sein, darf man auch auf die Filme des türkisch-kurdischen Fokus. Nachdem den Festivalmachern aufgefallen war, dass bisher nie eine türkische Produktion für die Sehsüchte eingereicht wurde, haben sie gezielt türkische Filmhochschulen angeschrieben. Wenn schon türkisch, dann türkisch-kurdisch, kam die Antwort der Filmemacher vom Bosporus, die sich mit 50 Filmen für die Einladung bedankten. Neun davon werden am 5. Mai zu sehen sein.
Während alle Filme, wie jedes Jahr, in den Thalia-Kinos gezeigt werden, müssen die Zuschauer für das Rahmenprogramm und die tägliche Sehsüchte-Lounge den Weg zur HFF auf sich nehmen. Für die Verlagerung des Rahmenprogramms habe man sich entschieden, sagte Pressesprecherin Anna Jakisch gegenüber den PNN, um die Hochschule zum Jubiläumsjahr des Studentenfestivals mehr einzubinden. Das Rahmenprogramm hätte auch gar nicht im Thalia Platz gefunden. Interessierte seien aber zu den Veranstaltungen an die HFF eingeladen. Dort wird die Jubliäums-Ausstellung während der ganzen Festival-Woche von 10 bis 22 Uhr zu besichtigen sein. Gezeigt werden Festival-Trailer seit 1995, Interviews und Anekdoten von ehemaligen Organisatoren, alte Plakate und Preise. Ebenfalls zum Jubiläumsprogramm gehört der Filmblock „40 in 4“, für den auch ein paar „alte Schinken“ aus dem Archiv geholt wurden. Der Filmblock „Sehsüchte goes Hollywood“ zeigt Preisträger des Festivals, die es bis zum Oscar geschafft haben. Als besonderer Ehrengast und erster Empfänger des Ehrenpreises der HFF wird Jürgen Böttcher ausgezeichnet. Der ehemalige HFF-Student, Dokumentarfilmer und Künstler wird zur Jubiläums-Retrospektive am 7. Mai anwesend sein und die Auszeichnung entgegen nehmen. Aus Böttchers Werk werden ein Dokumentarfilm und sein erster und einziger Spielfilm „Jahrgang 45“ im Thalia gezeigt. Ebenfalls begeistert erwartet die Jury am 6. Mai Wim Wenders zur ihm gewidmeten Retrospektive an der HFF. Auf die beiden Langfilme „Palermo Shooting“ und „Pina“ folgen zwei seiner unbekannteren Kurzfilme aus dem Kongo, wo Wenders 2007 mit Ärzte ohne Grenzen gefilmt hat. Wer schon immer mal wissen wollte, wie eigentlich ein Drehbuch klingt, bevor es verfilmt wird, kann am Freitagabend die Lauscher Lounge besuchen. Bekannte Synchronsprecher, wie Oliver Rohrbeck, von den „Drei Fragezeichen“, lesen aus ausgewählten Manuskripten von Filmstudierenden vor.
Zum Abschluss des Festivals werden die Gewinnerfilme an der HFF noch einmal gezeigt.
Das fünftägige Sehsüchte Studentenfestival wird am 2. Mai eröffnet. Weiter Informationen zum Programm
www.sehsuechte.de
, ine Zimmer
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