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Jana Wilsky. Sie gewann vor drei Jahren den Waschhaus-Kunstwettbewerb und schwebt seitdem in ihrer Bilderwelt.

© Andreas Klaer

Von Heidi Jäger: Selbstvergessen

Die Potsdamer Malerin Jana Wilsky stellt derzeit im KunstWerk aus

Stand:

Noten verwandeln sich in weiche runde Frauenkörper oder sie fliegen als Schwalben davon. Jana Wilsky greift wachsam wie eine Sternenfängerin auf, was aus ihren Notenblättern purzelt. Lieder über Herz und Schmerz, von denen noch Textfetzen zu lesen sind, übermalt sie fröhlich fabulierend mit frechen schwungvollen Strichen: konzentriert und pointiert. Die Malerin, die zwölf Jahre Geigenunterricht nahm, trägt die Musik ins Reich der optischen Turbulenz. Da gibt es den staunenden Glückskleesucher, der sich wie ein gespannter Fidelbogen über das Wunderblümchen beugt. Und man denkt an die so phantasievollen, wie einfachen Zeichnungen vom „Kleinen Prinz“. Schwarz-Weiß gefleckt wie Kühe grasen ihre Figuren im Land der Poesie. Sie werden sanft in die Welt der Träume entführt – dorthin, wo sich auch die Malerin am Geborgensten fühlt. Sie schwebt in ihren eigenen entrückten Sphären, oft mit zwei, drei Blättern vor sich, die sich manchmal wie von Zauberhand füllen. Am Ende ist sie selbst überrascht, wohin die Reise ging.

Für die große Öffentlichkeit ist die 29-Jährige nicht geboren. Und so spielt sie heute lieber mit einer Freundin im stillen Kämmerlein auf der Geige, als dass sie wie einst bei den gefürchteten Vorspielen der Musikschule vor Publikum auftritt. Auch ihr Abstecher zum Theaterjugendklub war von kurzer Dauer. „Bald merkte ich, dass ich lieber als Zuschauer ins Theater gehe.“ Nur bei Ausstellungen findet sie es spannend, nach außen zu treten. Und sie trifft damit offensichtlich auf Widerhall. Als sie vor drei Jahren beim Waschhaus-KO-Kunstwettbewerb teilnahm, gewann sie den ersten Preis, verbunden mit der Möglichkeit, für ein Vierteljahr ein Atelier in der Charlottenstraße zu beziehen. Gemeinsam mit dem zweiten Sieger, Felix Freese. Nun konnte sie alles fließen lassen, was sie sich zuvor als Designstudentin an der Fachhochschule Potsdam an Handwerk zugelegt hatte. Farblehre, Kalligrafie, Radierung, Siebdruck, Illustration ...

Ihre malerische „Begegnung“ 2005, die ein Mädchen mit einem Raben zeigt und mit der sie im Waschhaus punktete, scheint eine lange Wegstrecke zurück zu liegen. In ihrer Ausstellung im KunstWerk, die sich derzeit kurzweilig durch drei Räume schlängelt, wirkt dieses Bild geradezu erdenschwer – angesichts ihrer danach entstandenen federleichten Fantasiestürmer. Die stehen auch in ihrer „Porträt“-Reihe skurriler Wesen auf handgeschöpftem Naturpapier augenzwinkernd Parade. Giraffenfrau und Schnabeltier, Schelm und Mondkatze, Tanzende und Schatten. Bildeinnehmend faszinieren sie durch ihren reduzierten und doch vieldeutigen Strich und wirken trotz strengem Schwarz-Weiß keineswegs düster. Auch der Rabe ist ihr treu geblieben: nicht als furchteinflößender Geselle, doch ganz ohne ist er nicht. Er zeigt sich schwungvolll wie eine tanzende Marionette. „Ich brauche Material, das lebt und mich überrascht,“ sagte Jana Wilsky, die schon als Kind durch ihre Mutter, die als Kunsterziehungslehrerin am Humboldt-Gymnasium arbeitet, in die Malerei hineingezogen wurde.

„Doch ich ging meinen ganz eigenen Weg“, und der führt sie oft über die Musik hinein in ihre Bilderwelt. In jüngster Zeit ist es vor allem der Jazz, in den sie sich fallen lässt. „Ich vergesse dann richtig, was ich male. Oft bin ich überrascht, was passiert und es ist schön, wenn ich danach selbst etwas in meinen Bildern entdecke.“ Weißes Papier ist für sie leblos und so geht sie erst einmal kräftig mit dem Pinsel drüber, bevor sich ein Dialog entspinnt.

Die Bilderfinderin, die inzwischen im Gründerzentrum in der Puschkinallee ihr Atelier bezogen hat, in dem auch ihr sechsjähriger Sohn gern seine Stifte auspackt, lässt sich nicht festlegen. Mal geht sie ganz fein mit Feder und Pinsel zu Werke, dann trägt sie die Farben dick auf, um sie wieder herauszukratzen. Die Gegensätze sind es, die sie weitertreiben und ihr im ersten Jahr ihrer Freiberuflichkeit das Gefühl geben, dass es richtig war, zu wagen und loszustarten. Sie gestaltet Kataloge, Prospekte, Visitenkarten und „flüchtet“ immer wieder ins Atelier, zu ihren Tänzern, Teufeln und Raben. Und zu sich selbst.

Zu sehen bis 26. Juli, Mi-So, 15 bis 19 Uhr, Do bis 22 Uhr, im KunstWerk, Hermann-Elflein-Straße 10.

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