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Kultur: Sex, Glamour und Hunde

Studentenfilme aus Hollywood in Babelsberg

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Cineasten der besonderen Art treffen sich jeweils am letzten Freitag im Monat im AWO Kulturhaus Babelsberg. Es sind Studenten, aber nicht von der HFF, auch ältere Semester sind darunter, obwohl sie das Filmemachen niemals erprobten. Diese hochschulexterne Art von „Studentenfilmkino“ funktioniert bereits im dritten Jahr. Bevor man zum Ultimo im März die dreißigste Veranstaltung als „Best off“ präsentiert, gab es vergangenen Freitag noch einmal erfrischende Standards aus dem Jahre 2002, Thema „Hollywood trifft modernen Kurzfilm“. Damals reiste der Dozent Rosa von Praunheim mit neun seiner Eleven nach Hollywood, um dort nach Material für Studentenfilme Ausschau zu halten. Drei dieser Arbeiten bildeten Teil zwei des abendfüllenden Programms in Babelsberg – der erste gab das glatte Gegenteil, eine dialogische Reprise „zeitloser Filmklassiker“ von „Casablanca“ bis zum „Letzten Tango“ durch ein gleichfalls externes Ensemble auf der Bühne des Theatersaales: Spiels noch mal, Sam!

Das Konzept stammt von Clemens Füsers, Autor vieler Bücher und Filme, zudem Erfinder des SFB-Tatort-Kommissars „Ernst Roiter“ mit Winfried Glatzeder. An seiner Seite die Schauspielerin Simone Kabst und der brillante Rezitator Uwe Teschner aus Potsdam. Eigentlich machte dieses Trio bei seiner dritten Vorstellung nicht viel mehr als nötig. Man las die knallharten oder schnurrigen Dialoge, etwa aus „Citizen Kane“ oder aus „Odyssee im Weltraum“ mit ein paar Requisiten und angedeutetem Spiel vom Blatt, ganz im Vertrauen, dass klassische Sätze wie „Ich schau dir in die Augen, Kleines“ oder „Wir machen ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann“ („Der Pate“) bei den Cineasten im Kopf auch den Rest der Filme abspulen lässt. Das Programm sei ausdrücklich für Kenner zusammengestellt, so Füsers. Tatsächlich waren Aha-Effekte wie auch gehörige Heiterkeit in Crescendo garantiert; szenisch wäre das einstündige Programm sicher noch ausbaufähig.

Die drei Kurzfilme waren auf andere Weise erfrischend. Werner Bartosz zeigt eine Schwarz-Weiß-Satire auf Hollywoods „Mr. Wunderbar“. Er ist reich und wohlgestaltet, trotzdem wendet sich die Damenwelt von ihm ab. Warum, das erklärt ein Rückblick in seine früheste Kindheit. Sehr witzig, Herr Freud! Der zweite Film stammt von Thorsten Trimpop. Er hat vor Ort die ehemalige Andy-Warhol-Darstellerin Mary Woronow getroffen und porträtiert. Sex, Glamour und Drogen, in ihrem 58. Jahr glaubt sie weder an Zukunft noch an Hoffnung. Der Regisseur tat sich schwer, ihrer Lebenserfahrung zu widersprechen.

Der dritte Film zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie sehr der „American way of Life“ noch immer die Lebensart der Amerikaner bestimmt. Stellvertretend für das Verhalten von Mensch zu Mensch zeigt Regisseur Dirk Hilbert in „Hollywood Dogs“ das Gebaren der Kalifornier zu ihren Hunden. „Aus Mangel an Familie umgeben wir uns mit Tieren“, sagt eine Lady. Eben, aber das ist ja bei uns auch nicht anders.

Mehr als zwei Stunden Film und Kultur, einmal alt, einmal jung – die Reihe „Hollywood trifft Babelsberg“ ist jedermann sehr zu empfehlen. Gerold Paul

Gerold Paul

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