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Ein Hippie kommt selten allein. Diese sind derzeit mit insgesamt 13 Kollegen auf Tour, mit neuen Liedern und bewährten Hits.

© A. Riedel

Kultur: Sind jetzt etwas biestiger

Tourauftakt mit neuem Album – die 17 Hippies spielen am heutigen Dienstag im Lindenpark

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Man könnte sich 17 Hippies in einem überdimensionalen bunten Bandbus vorstellen – oder unterwegs per Anhalter, mit Geigenkoffer auf dem Rücken. „Nein“, sagt Kiki Sauer lachend, „wir reisen mit zwei großen Vans. Insgesamt 16 Leute, in jedem Bus also acht, das ist kuschelig.“ Selbst sämtliche Instrumente, Lichtanlage und Bühnendeko passen noch hinein, sagt die Bandmanagerin. „Wir sind Meister im Schichten.“

Die erste Fahrt der jetzigen Tour ist eher kurz, die Band aus Berlin spielt heute Abend in Potsdam im Lindenpark. Tourauftakt mit neuem Album – das ist für die Hippies auch nach all den Jahren immer noch etwas Besonderes. „Wir sind irre aufgeregt“, sagt Kiki Sauer. Aber sie haben sich ganz bewusst für die Nachbarstadt entschieden, weil sie das hiesige Publikum lieben. „Die Berliner sind schwierig aus der Reserve zu locken – ihr Potsdamer hingegen seid euphorischer“, so die Managerin, die zum Gründungskern einer – wenn nicht sogar der – größten Band Deutschlands gehört. 1995 begannen sie zu viert Musik zu machen und wurden stetig immer mehr. Einzige Bedingung für Neumitglieder war, dass diese auch ein neues Instrument, was es in der Band noch nicht gab, mitbrachten. „Zeitweise waren wir 23 und sind in dieser Größe sogar durch die USA getourt“, sagt Kiki Sauer.

Im Nachwende-Berlin erlebten sie die plötzlich einströmende osteuropäische Musik und waren beeindruckt. „Da stand in der U-Bahn ein polnischer Akkordeonspieler, das war neu, und ich dachte: Wow, das klingt doch gut“, sagt Kiki Sauer, die selbst Akkordeon spielt. Ohne die Wende 1989 hätte es die Band so nie gegeben. In Berlin befanden sie sich inmitten von Einflüssen aus Ost und West und begründeten ihren recht eigenen Stil, ein Mix aus Volksmusik und Klezmer, Rock und Pop und immer sehr experimentell, gespielt auf akustischen Instrumenten, ergänzt mit Gesang. Vor 20 Jahren war das relativ neu, auf der Bühne ging die Post ab, und ziemlich bald – da waren sie schon weitaus mehr als vier – mussten sie sich entscheiden, die Hobbyband professionell zu managen.

Spätestens als der Potsdamer Regisseur Andreas Dresen sich die Filmmusik für „Halbe Treppe“ von den 17 Hippies schreiben ließ und die Band einen Filmauftritt in der Imbissbude des Filmhelden, gespielt von Axel Prahl, bekam, da waren sie selbst plötzlich kultig. In den letzten Jahren spielten sie in China und Japan, in Mexiko, in Australien. Diesen internationalen Erfolg, den hatten sie so nicht erwartet, sagt Kiki Sauer. Im vergangenen Jahr besannen sie sich dann auf eine ganz spezielle Klientel und produzierten das Kinderalbum „Titus träumt“. Auch Kinder kommen zu den Konzerten und freuen sich, wenn sie auf der Bühne das wiedererkennen, was sie beim Instrumentenkarussell gelernt haben. „Das heißt Bratsche und nicht Geige, hat mal ein Fünfjähriger zu mir gesagt“, erinnert sich Kiki Sauer amüsiert.

Beim heutigen Konzert treten sie erstmals mit dem Schlagwerker Romain Vicent auf. Sie wollten mal etwas Forsches in ihren Sound integrieren, etwas Biestiges, Percussion beispielsweise, sagt Kiki Sauer. Dieser Wunsch nach mehr Härte schlägt sich auch im Albumtitel nieder. „Biester“ ist die 13. CD der 17 Hippies. Und sogar von außen bereits ein kleines Kunstwerk: Der Berliner Grafiker Frank Schliebener hat Cover und Booklet fantasievoll gestaltet. „Freunde, ich mach euch ein Biest“, habe er gesagt, bezugnehmend auf die Nummer sechs im Album: „The Beast on your Tracks“, zu Deutsch etwa „Das Monster hinter dir“.

Es wurden gleich mehrere, und nun prangt eine bunte Kreatur aus mittelalterlichem Troubadour mit Laute, Eulengesicht und Schmetterlingsflügeln auf dem Cover – sinnbildlich auch für die gemischte Truppe. Das gemeinsame Musizieren sei immer wieder Herausforderung, gerade weil ein paar „wahnsinnige Egos“ zu ihnen gehören, sagt Kiki Sauer. Man habe aber gelernt, mit den Macken der anderen umzugehen. Nach fast 20 Jahren gebe es jedenfalls noch keine Gruppenkoller im Auto oder gar Zerfallserscheinungen. „Aber wir sind offen für Veränderungen.“ Und man lerne sich sehr gut kennen, sich zu vertrauen, vor allem auf der Bühne. Da reiche ein verstecktes Zeichen, ein Blick: „Du bist dran“, um sich zu verständigen. „Wir spielen ja nicht nach Noten – und so ist jedes Konzert anders.“

17 Hippies am heutigen Dienstagabend um 20 Uhr im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 88. Der Eintritt kostet 20 Euro.

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