Kultur: Ska mit einer Prise Jazz, Rock oder Soul
Das 17. Potsdamer Ska-Festival im Lindenpark bot ein wahrhaft internationales Programm
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Schieben wir die Klischees mal beiseite: Ska-Fans würden ausschließlich karierte Hemden und Springerstiefel tragen und die Musiker der ursprünglich auf Jamaika entstandenen Tanzmusik kämen seit den 80er Jahren vornehmlich aus England. Stimmt alles schon lange nicht mehr. Beim Skafestival im Lindenpark ließ sich zwar ein Großteil der Besucher durch Kleidung und Haarschnitt (Männer: kurz geschoren plus ausgeprägte Koteletten. Frauen: oben kurz, seitlich lang und der Pony in einer exakten Geraden) als Ska-Fans erkennen, es waren aber auch viele Vertreter anderer Subkulturen zugegen: Rastas, Rapper, Hippies und so genannte „Bürgerliche“. Letztgenannten gewährte der Lindenpark freien Eintritt, wenn sie sich als Nachbarn des Veranstaltungsortes zu erkennen gaben – eine gute Idee, um eventuellen Beschwerden wegen Lärmbelästigung zuvor zu kommen.
Das mittlerweile 17. (!) Potsdamer Ska-Festival wurde mit etwa 600 Besuchern an beiden Tagen erneut ein Erfolg. Das Programm bot eine große musikalische Vielfalt und ein internationales Aufgebot: Die Slackers aus den USA, Hotknives aus England,Two Tone Club aus Frankreich, Valkyrians aus Finnland. Das Festival stand unter dem irreführenden Begriff des „Two-Tone-Ska“, der dem Laien suggerieren könnte, die jamaikanische Populärmusik, aus dem sich auch Reggae entwickelte, basiere auf einem Zwei-Ton-Schema. Nein, der Name entstammt dem „2-Tone-Record-Label“, welches Ende der 70er Jahre so bekannte Ska-Bands wie The Specials, Madness und The Selecter hervorbrachte. Der aktuelle Ska hat viele andere Musikstile in sich aufgenommen und ist alles andere als eintönig – wenn auch, ähnlich wie beim Reggae, ein Grundrhythmus immer erkennbar bleibt. So brachte die Ska–Großformation K-Mob aus Hamburg mit insgesamt neun Musikern und drei Sängern mehr das lebensfrohe Gefühl vom Reggae rüber, als den harten Beat des Ska der Skinheads. Zuvor hatten die Holländer Olli Q. & the Deep Six schon bewiesen, dass Ska auch mit Jazz geht, und wenig später trieben die englischen Skaville U.K ihre Musik und die vielen tanzenden Gäste mit den Einflüssen aus dem Motown-Soul an. Die jungen Upsessions aus Holland gelten sogar als Wegbereiter einer neuen Ska-Welle, weil sie ihre Musik noch rockiger geben, zudem aber auch Instrumentals mit einem Orgelsound spielen, der an die Skalegende Lee Perry erinnert. Absoluter Höhepunkt beider Festivaltage waren die amerikanischen Slackers, die sich mit authentischem jamaikanischen Ska einen gewissen Ruhm in der Szene erspielt haben.
So international wie die Herkunft der Musiker war auch das Publikum: Im und am Lindenpark wurde vornehmlich englisch gesprochen. Und es wurde viel miteinander geredet. In den Umbaupausen traf man sich zu großen Gruppen zusammen, wie alte Freunde, die sich lange nicht gesehen hatten. Als „freundlich“ lässt sich auch die Atmosphäre im Lindenpark beschreiben. Trotz der Bierströme, die an diesen warmen Sommerabenden reichlich flossen, gab es nirgends Streit oder gar Gewalt.
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