Kultur: Skulptur und Rasanz
Zum Abschluss der Frauenkulturtage: fabrik mit zwei Soli von Vania Galas und Riki von Falken
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Zum Abschluss der Frauenkulturtage: fabrik mit zwei Soli von Vania Galas und Riki von Falken Weibliche Körpererfahrungen waren das Thema der Frauenkulturtage, für das eine Woche lang Filme, Theater, Performances und Diskussionen Gesprächsstoff lieferten. Der Tanz, der Körper als Werkzeuge nutzt und sie zugleich als Kunstwerk zelebriert, hatte das letzte Wort. Zwei Solostücke zeigten in der fabrik einmal mehr die formale Vielsprachigkeit des modernen Tanzes. Die Portugiesin Vânia Gala ließ zu Beginn ihres Stückes „Automatic I.D.“ abgehackte Töne durch den Raum peitschen, über die sich eine bedrohliche Klangwelle legte. Auf hohen Schuhen und in ihrem viel zu fragilen Körper wirkt die Tänzerin wie eine Lolita des 21. Jahrhunderts, entsprungen aus einem japanischen Mangacomic. Auch ihre Bewegungen erinnern an die harten, schnellen Schnitte von Bildergeschichten. Doch ist Vânia Galas Weiblichkeitsdarstellung weit entfernt von der Niedlichkeit gemalter Heldinnen. Stattdessen präsentiert sie einen Körper, der in der Anpassung an seine Umwelt immer absurdere Dehnungen und Verrenkungen ausprobiert. Standbilder der Leiber von Selbstmörderinnen. Die treibende Kraft der Inszenierung ist das Selbst, das den Körper zu einer Puppe macht. Es sind die eigenen Hände, die den Körper ins Hohlkreuz schieben, einen Modelgang erzwingen, die Haltungen formen und sogar den Mund zum Lächeln zwingen. Zeitweise vervielfältigen Schatten an der Wand den Tanz, der so eine universale Aussage bekommt. Am Ende implodiert das Licht, härter könnte der Schluss nicht sein. Riki von Falken aus Berlin hat einen sehr viel minimalistischeren Ansatz. Ihre Bewegungsästhetik ist eine streng formalistische, ihr Tanzstil eher skulptural. In „Standortbeschreibungen“ befragt die 49jährige ihre eigenen Choreographien der letzten Jahre nach ihrer aktuellen Gültigkeit und fügt Ausschnitte aus den Probearbeiten ihres neuesten Stückes hinzu. Die Tanzminiaturen konzentrieren sich vor allem auf Hände und Arme. In der steten Wiederholung kleinster Gesten vergewissert sich das Individuum seines Körpers, der nie aus der konzentrierten Anspannung entlassen wird. Das Programmheft verrät die Ursache der Verunsicherung. Die Grenzerfahrung von Krankheit, Tod und Verlust eines geliebten Menschen verlangt vom Überlebenden eine neue Verortung in der Welt. Ihr Gesicht wendet die Tänzerin während der 40minutigen Performance fast ausschließlich dem Publikum zu, egal was ihr Körper tut. Der fragende, auf niemanden gerichtete Blick lässt sie unnahbar wirken, wie eine ausgestellte Figur, deren Macherin um Perfektion ringt. Als Zugabe zu dem Programm der Frauenkulturtage zeigte die Echo Dance Company aus Irland, die ebenfalls zur Zeit artist in residence ist, ihre in Potsdam entstandene Produktion „Resonance“. Humoristisch und zugleich zutiefst berührend, erzählen die Tänzer Steve Batts und Ursula Läubli und der Musiker Daniel Weaver die Geschichte einer Liebesbeziehung. Wenn sich am Ende das Paar loslässt und die alten gemeinsamen Späße nicht mehr funktionieren, trauern auch die Zuschauenden um den dargestellten Liebesverlust. Lene Zade
Lene Zade
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