
© promo/Nikolaisaal
Von Dirk Becker: So klingen die Sterne
„Einmal Urknall und zurück“ – Im Nikolaisaal treffen Wissenschaft und Kultur aufeinander
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Es wirkt so friedlich. Ein Ort der Stille scheint das Weltall zu sein. Zumindest aus der Ameisenperspektive des Menschen auf der Erde. Unendliche Weiten, wie Science Fiction Filme versprechen, durch die Raumschiffe mit den Ausmaßen von Kleinstädten wie Spielzeugautos gleiten. Und über allen Wolken ist Ruh’.
Bernard F. Schutz sieht das etwas differenzierter. Er ist schließlich Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik des Albert-Einstein-Instituts und Leiter der Abteilung Astrophysikalische Relativitätstheorie. Am Freitag will Schutz im Nikolaisaal das Weltall zum Klingen bringen. Zumindest in einigen Simulationen. Gefragt, wie es dann wohl klingen wird, das Weltall, ob da nur ein paar Töne brummen, so sphärisch entrückt wie der Gesang der Wale, nimmt sich der Wissenschaftler Zeit zum Überlegen. Denn ganz so romantisch ist es dann auch wieder nicht, wenn das Treiben im Weltall auf eine Tonspur kommt. Reichlich akustischer Trubel ist zu erwarten. „Da geht es zu wie im Dschungel“, sagt Bernard F. Schutz.
Es wird also viel zu hören geben am Freitag im Nikolaisaal, wenn es heißt „Einmal Urknall und zurück“. Potsdamer Wissenschaftler und Kulturschaffende kommen dann zu einer bislang einmaligen Kooperation zusammen, um die „faszinierenden Aspekte aktueller Weltraumforschung in Korrespondenz zu kreativ-künstlerischer Auseinandersetzung mit astronomischen Themen zu setzen“, wie es im Einladungsschreiben zu einem Pressefrühstück am gestrigen Montag heißt. Was anfangs wie eine Art pseudowissenschaftliche Larifari-Show anmutete, mit der möglichst viele Gäste in das Konzerthaus gelockt werden sollen, entpuppt sich im Laufe des Gesprächs dann als äußerst reizvolle Veranstaltung, die im wahrsten Sinne des Wortes den Besuchern zahlreiche neue Horizonte eröffnen und Begeisterung für das ferne Treiben über unseren Köpfen wecken könnte.
Vor einem Jahr traten Wissenschaftler vom Astrophysikalischen Institut, der Universität Potsdam und dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik des Albert-Einstein-Instituts an die Geschäftsführerin des Nikolaisaals, Andrea Palent, mit der Idee einer gemeinsamen Veranstaltung heran. Der Abschluss regionaler Veranstaltungen zum diesjährigen Astronomiejahr sollte in Potsdam stattfinden. Andrea Palent ließ sich von diesem Vorschlag sofort begeistern.
Wie eine Reise durch das All ist der Abend im Nikolaisaal als eine Entdeckungsreise geplant. Neben den üblichen Spielstätten wie dem großen Saal und dem Foyer wird der Studiosaal, Künstlergardroben, das Musikerfoyer und für die Sternengucker bei gutem Wetter auch die Dachterrasse geöffnet. Mit ihrem musikalischen Beitrag halten sich die Veranstalter vom Nikolaisaal im Vergleich zum Gesamtprogramm zwar zurück, setzen aber trotzdem Akzente. So wird um 22 Uhr das Percusensemble Berlin mit neun Schlagzeugern Russel Pecks „Lift Off“ und Steve Reichs „Drumming, part 2-4“ im Saal präsentieren. Im Foyer werden in der „BarockLounge Outerspace“ das Hamburger Barockensemble Elbipolis und der DJ Brezel Göring aufeinandertreffen und die hohe Kunst der Improvisation pflegen.
Die Wissenschaftler entführen zu „Mediationen zu numerischen Simulationen“, zu einer Experimentalshow „Von Feuer und Blitz zum Licht der Sterne“ und erlauben um 19 Uhr durch eine Liveschaltung im Saal einen Blick durch das Large Binocular Telescope in Arizona, dem weltgrößten optischen Teleskop. Philipp Richter von der Universität Potsdam hält es dagegen mit einfachen Mitteln um Phänomene im Weltall zu erklären, wenn er unter dem Motto „Galaktische (G)Astronomie“ Tomatensuppe kocht.
Und wer glaubt, dass das Percusensemble Berlin mit seinen neun Schlagzeugern ungefähr den Eindruck vom Urknall vermitteln können, den wird Bernard F. Schutz eines Besseren belehren. Im Rahmen seines Vortrages „Schwerkraftwellen – Sphärenmusik tatsächlich hören“ um 21.15 Uhr verspricht er, den Urknall hörbar zu machen. Doch mit Krach hat das dann nichts zu tun.
„Einmal Urknall und zurück“ beginnt am Freitag, 4. Dezember, 19 Uhr, Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Karten zu 22 Euro unter Tel.: (0331) 28 888 28 oder an der Abendkasse. Informationen zum Programm unter www.nikolaisaal.de
Dirk Becker
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