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Kultur: So viele Gesichter

Der Film „Tamara“ im Filmmuseum vorgestellt

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Dieses Gesicht! Fast maskenhaft, nur die Augen voller Ausdruck, durchdringend, fast schon niederringend. Dann öffnet sich der Mund, fängt an zu singen mit dieser markanten Stimme. Manchmal, wenn die Musik übernimmt, der Text kurz schweigt, öffnet sich dieser Mund, als wolle er gleich zuschnappen, um dann zu einem angedeuteten Lächeln zu werden, in dem immer etwas wie eine Vorahnung mitschwingt. Und über allem diese maßlos auftoupierten Haare.

Dieses bekannte Gesicht von Tamara Danz ist oft zu sehen in dem Dokumentarfilm „Tamara“, der am Dienstag in der Reihe Potsdamer Filmgespräche im Filmmuseum gezeigt wurde. Auf der diesjährigen Berlinale Anfang Februar hatte Regisseur Peter Kahane mit seinem Film Premiere und schnell viele positive Kritiken erhalten. Doch bis heute hat „Tamara“ keinen Verleih gefunden, der diesen Versuch eines filmischen Portraits, der auch DDR-Geschichte erzählt, in die Kinos bringt. Und so war es kaum verwunderlich, dass der Kinosaal im Filmmuseum bis auf den letzten Platz gefüllt war, manche sogar während der gesamten Vorstellung an die Wand gelehnt standen. Auch elf Jahre nach ihrem Krebstod am 22. Juli 1996 zieht die Sängerin der Band Silly noch immer die Menschen.

„Tamara“ zeigt in 90 Minuten viele Gesichter, nicht nur von Tamara Danz selbst. Über lange Gespräche mit den Bandmitgliedern Ritchie Barton, Uwe Hassbecker und Jäckie Reznicek und Freunde nähert sich Kahane der Sängerin. Dazwischen Konzertausschnitte mit der öffentlichen und private Videoaufzeichnungen mit einer von der Krankheit gezeichneten, zerbrechlich wirkenden Tamara Danz. In den Mittelpunkt des Filmes hat Regisseur Kahane die Dreiecksbeziehung zwischen Ritchie Barton, Uwe Hassbecker und Tamara Danz gestellt.

Der Keyboarder Ritchie Barton war 1982 zu Silly gekommen. Mit Tamara Danz verband ihn aber mehr als nur die Musik. Vier Jahre später kam Gitarrist Uwe Hassbecker zusammen mit dem Bassisten Jäckie Reznicek zur Band. Obwohl noch mit Barton zusammen, hatte sich Tamara Danz in Uwe Hassbecker verliebt. Tamara Danz trennte sich von Barton, um mit Hassbecker bis zu ihrem Tod zusammen zu leben. Trotz dieser extremen Zerreißprobe für die Band, blieben die Musiker zusammen.

Ein Jahr hat Peter Kahane gebraucht, um das Vertrauen von Barton und Hassbecker zu finden, wie er im anschließenden Gespräch mit dem Regisseur Andreas Dresen sagte. Ein Jahr Wartezeit, das sich gelohnt hat. Denn Barton und Hassbecker öffnen sich sehr in den Gesprächen, erzählen von der schwierigen Zeit Mitte der 80er Jahre, von ihren Gefühlen zu Tamara, von den Versuchen, mit Texten und Musik Kritik zu üben und dem Kampf und dem Sterben der 43-jährigen Sängerin. Und natürlich erzählen sie auch von den zahllosen Experimenten mit Trockenshampoo und Haarspray, mit denen Tamara Danz, Barton und Hassbecker ihre unverwechselbaren Frisuren schufen.

In dem Kahane die Musiker auch über sich erzählen lässt, entsteht ein vielschichtiges, oft anrührendes, herzliches und vor allem ehrliches Porträt über Tamara Danz und die Band Silly – zwei Dinge, die sich kaum trennen lassen. Dabei bleibt „Tamara“ ein Film, der beim Zuschauer oft viel über die Geschichte der Band und deren aktuellen Entwicklung voraussetzt. Der einzige Mangel, den es hier zu kritisieren gibt.

Auch im anschließenden Gespräch blieb die Dreiecksbeziehung zwischen Tamara Danz, Barton und Hassbecker Thema, als Dresen fragte, ob die beiden Musiker trotz dieser Geschichte Freunde geworden sind. „Mittlerweile sind wir wie ein altes Ehepaar“ sagte Barton. Zwar habe es immer eine gewisse Rivalität gegeben. Doch spätestens mit der Krebserkrankung von Tamara sei dies vorbei gewesen. „Da haben wir so viele Dinge erlebt, da spielte das überhaupt keine Rolle mehr“, so Barton. Dirk Becker

Dirk Becker

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