Kultur: Solide statt inspirierend
„Virginia Jetzt“ und „El*ke“ beim Uni-Sommerfest
Stand:
Kreativität, der die Kraft geraubt wird, sich durchzusetzen! Es ist dieses Band, dass die zwei Hauptacts beim Sommerfest der Universität Potsdam am Freitagabend verbindet. „Virginia Jetzt!“ und „El*ke“ sind zwei ewige Musik-Geheimtipps, die diesen Status nie überwinden konnten und daran zu knabbern scheinen. Dabei sollte das Fest auf den heute beginnenden Bildungsstreik vorbereiten, Kraft austeilen, um Inhalte durchzusetzen. Doch der Streik- Funke, den Anheizer auf der Bühne immer wieder zu entfachen versuchen, will partout nicht überspringen. Und auch den Bands gelingt es nicht. Fehlt ihnen aufgrund des zwar vorausgesagten, aber nie eingetretenen großen Erfolgs wohl selbst diese Überzeugungskraft.
Die Berliner „Virginia Jetzt!“ schwelgen sich mit choral-orchestraler „Mädchenmusik“ in die Ohren. Man wiegt sich in süßen Keyboardstreicher-Harmonien mit bisweilen schwülstigen Liebes- und Sehnsucht-Texten. Es ist Wohlfühlmusik, keineswegs aufrührerisch. Das Kuschel-Quartett erreichte Chartsplatzierungen, hatte mediale Unterstützung, doch der echte Erfolg ist ausgeblieben. Die Ernüchterung darüber findet sich auch in den Songs: „Nichts in Sicht von einer besseren Welt als dieser.“ Kämpferischer Veränderungswille klingt anders.
Da ist die Hoffnung groß, dass es die Berliner Rock-Combo „El*ke“ besser drauf hat, den Bildungsstreik musikalisch anzuheizen. Doch schon die Vorzeichen sind keine guten. Das Trio galt inoffiziell als bereits aufgelöst. Hochgehandelt waren sie, spielten als Vorband bei Punk-Uropa Iggy Pop, allein der eigene große Erfolg wollte sich nicht einstellen. Das zerrte augenscheinlich an den Nerven, die Musikleidenschaft zerbröselte, man entzog sich monatelang der Bühne. Insofern ist das Konzert vor allem für Fans eine Überraschung. Die fehlende Spielpraxis ist nicht herauszuhören, routiniert dröhnen sich „El*ke“ durch ihr Set.
Und so richtig schlau wird man nicht, wieso der große Erfolg bislang ausgeblieben ist. „Virginia Jetzt!“ und „El*lke“ klingen beide souverän, solide. Allerdings, eben auch nicht mehr als das. Beiden Bands fehlt es in ihren Auftritten – ob wegen der Rückschläge beim Weiterkommen? – an Inspiration. Doch da sind sie an diesem Abend dem Publikum nicht fern, das seltsam solide-uninspiriert in seiner Begeisterung bleibt - auch bei den Streikaufrufen. Dabei müssten die Studis nur auf „El*ke“ hören, die da singen: „Nein ich will das nicht, muss den Aufstand ausprobieren.“ Dumm nur, wenn die Aufrufer selbst nicht mehr so klingen, als hätten sie die Kraft dazu. Kay Grimmer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: