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Kultur: Sommer, Winter und Harmoana

Das Finale des Landesrockwettbewerbs im Babelsberger Lindenpark / Sieger wurden Harmoana

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Das Klima spielt zurzeit verrückt. Während die Staatsmänner im fernen Indonesien tagen, um den Globus vor dem Ausverkauf zu retten, schneite es am Freitag im Potsdamer Lindenpark.

Zum Finale des Landesrockwettbewerbs Brandenburg initiierten die Fans der Band „Incident“ gleich in den Anfangsminuten einen gewaltigen Konfettischauer, der einem winterlichen Weckruf glich. Statt den Schlitten holten die Jungs auf der Bühne aber erst einmal die Brechstange heraus. Zum Ende ihrer Show klingelten bei den Zuhörern nicht nur alle Glocken, sondern vor allem die Ohren.

Ganz reflektiert kam da dann der Frühling daher. Die eher ruhigen und nachdenklichen Songs der zweiten Band „Simple Harmonic Motion“ ließen den gefrorenen Boden langsam wieder aufweichen. Leider fehlte ihrem Spiel jedoch eine gehörige Portion Esprit und so konnten sich nur wenige Besucher so richtig in die Darbietung verlieben.

Die rockigen „Unfinished“ aus Brandenburg hätten dann endlich die Chance gehabt, sommerlich schwungvoll aufzu- trumpfen. Aber man kennt ja den Sommer in Deutschland: Viel zu viele Wolken und wenig Sonnenschein.

Schließlich ließ die vierte Band des Abends unwetterartige Herbststürme durch den Saal fegen. Kreischende Gitarren, rollende Toms und ausgedehnte Soloparts bestimmten fortan die Atmosphäre. Die Potsdamer Formation „Innocent Civilians“ wollte sich bei ihrem Heimspiel von keinem die Butter vom Brot nehmen lassen und beeindruckte schon deutlich mehr als ihre drei Vorgänger. Da lag was in der Luft!

Doch einzig die letzte Band des Abends hatte das entscheidende Ass im Ärmel. Harmoana überzeugten mit ihrem stahlharten Sound Zuschauer und Jury gleichermaßen. Musikalisch war der Auftritt der fünf Emocore- Rocker sicherlich das Highlight des spannenden Kampfes um den Aufstieg in den Brandenburger Musikolymp. Ebenso eindrucksvoll war die energiegeladene Bühnenshow der fünf Herren. Im Akkord flogen da Arme, Beine und Köpfe durch die Luft, dass man fast gewillt war, im Backstagebereich eine Dopingprobe zu entnehmen.

Was die harten Jungs dort auf der Bühne boten, war eine geballte Ladung Testosteron, die mit fast schon peinlicher Überheblichkeit abgefeuert wurde. Bei Alice Schwarzer hätten sich bei der grunzenden Manneskraft wahrscheinlich die Zehennägel gerollt.

Am Ende war der Sieg trotzdem mehr als verdient, denn Harmoana ließen bei ihrem musikalischen Können keine Fragen offen. Zeitgleich diskutierten die Regierungschefs auf Bali vermutlich schon wieder die Entwicklung des Klimas. Dabei hatte Potsdam doch gerade alles erlebt: Winter, Frühling, Sommer, Herbst und Harmoana.Philipp Kühl

Philipp Kühl

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