Kultur: Sommerschnee und Sandsteinhasen
Die Galerie am Neuen Palais zeigt Bilder und Skulpturen von Alfred Schmidt und Klaus Niedzwiecki
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Ein Maitag, der nach Sommer duftet. Die Sonne scheint warm, auf den Wiesen am Heiligen See liegen die ersten Nackten auf ihren Badetüchern. Draußen. Drinnen in der Galerie Am Neuen Palais ist das Gras zugeschneit, der See vereist. Fast hört man ihn knistern. Galerist Jürgen Oswald stellt bis zum 15. Juni die Bilder von Alfred Schmidt und die Skulpturen von Klaus Niedzwiecki aus.
Die Winterbilder von Schmidt fallen auf. Wann hat es das letzte Mal in Potsdam so geschneit, dass der Schnee zentimeterdick auf den Parkbänken lag? Wann war der Heilige See das letzte Mal zugefroren? 2005? Im vergangenen Winter jedenfalls nicht. In Schmidts Bildern schließt sich das Eis um das braune Schilf. Fast hört man es knistern. Schmidt hat den Winter jetzt spürbar gemacht – die Leichtigkeit des Schnees. Man möchte die Hand ausstrecken, um den Schnee von der blauen Bank auf dem gleichnamigen Bild zu wischen, bis sie vor Kälte brennt. So fein hat Schmidt das Weiß aufgetupft. 1800 Euro kostet das Bild.
So jungfräulich wie der Schnee auf Schmidts Bildern, sind seine Motive nicht. Potsdam-Ansichten wie auf Urlaubskarten, alle schon einmal gesehen. Nirgendwo ein Bruch. Nirgendwo etwas Neues. Der 65-jährige Potsdamer setzt auf das Bewährte. Und trotzdem ziehen seine Bilder in den Bann, wenn man sich auf sie einlässt. Seine Landschaften fangen die Lichtstimmungen perfekt ein. Ein Rapsfeld, das von der Frühlingssonne beschienen wird. Vom Weiten vermag man die einzelnen Blüten im gelben Meer zu erkennen. Vom Nahen staunt man, dass es nur das Muster ist, das die Pastellkreide auf der Leinwand hinterlässt. Schmidt ist ein Meister der Flächen, der Strukturen.
Dagegen wirkt die Zeichnung des Potsdamer Rathauses beinahe unbedarft. Der plumpe eklektizistische Protzbau aus der Gründerzeit wirkt auch in Pastellkreide nicht schöner. Ist es Ironie, dass Schmidt das Schwere mit fedrig leichtem Strich gezeichnet hat?
Und die Skulpturen von Klaus Niedzwiecki? Sie sind so klein, dass sie in dem großen offenen Raum der Galerie kaum auffallen. Erst seit fünf Jahren arbeitet der 55-jährige gebürtige Baruther offiziell als freischaffender Künstler. Zwar hat er als 25-Jähriger vier Jahre bei Bildhauer Werner Rosenthal in Berlin studiert, danach aber als Ingenieur und Mathematiklehrer sein Geld verdient. In der Galerie am Neuen Palais kostet sein teuerstes Werk, ein eng umschlungenes Liebespaar aus Sandstein, nun 1800 Euro.
Die meisten seiner Figuren, die er dort ausstellt, sind aus Sandstein. Manche der Figuren, wie Hase, scheinen für den Vorgarten gemacht oder eben für Käufer, die etwas Passendes für ihre Beete suchen. Sie sind ein wenig zu niedlich geraten. Aber einige seiner Werke schaffen es, den Betrachter zu berühren.Vor allem seine Frauen. Wie Tanja, eine kräftige junge Frau mit Bäuchlein und großen Brüsten, die in den Himmel schaut. Keine klassische Schönheit, eher barock. Im wirklichen Leben wäre sie vielleicht unscheinbar. Aus Sandstein von Klaus Niedzwiecki gehauen, ist sie sinnlich und anmutig. Sie hat etwas Unbeschwertes, etwas Zartes wie fast alle seine Figuren.
Und was verbindet die Werke beider Künstler, außer dass beide aus der Mark stammen? Auf den ersten Blick nichts und auf den zweiten auch nichts. Vielleicht hätte Galerist Oswald Bilder und Skulpturen zueinander in Szene setzen können, um eine Verbindung zu schaffen. Oder einen Kontrast. Vielleicht ist aber nur konsequent, wie er die Werke der beiden zeigt: als zwei unabhängige Ausstellungen in einem großen Raum.Juliane Wedemeyer
Juliane Wedemeyer
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