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Kultur: Späte Liebe
Ronald Hänsch reiste 2005 das erste Mal noch widerwillig nach Kuba – Jetzt hat er in Havanna ein Album aufgenommen
Stand:
Am Anfang war nur Widerwillen. Und jetzt? Jetzt ist da Begeisterung und Leidenschaft für diese Insel in der Karibik. Jedes Mal, wenn Ronald Hänsch von ihr erzählt, schwingt da etwas mit, das klingt wie „Kuba mon amour!“ Und dann ist da noch „La Fusión“.
Am Anfang war da ein Freund, der gleichzeitig auch Schüler von Ronald Hänsch war. Der redete so lange auf Hänsch ein, bis der sich einverstanden erklärte, einmal mit nach Kuba zu reisen. Dieser ferne Inselstaat war Ronald Hänsch nicht ganz geheuer. In der DDR aufgewachsen, hatte er mit den Jahren ein distanziertes Verhältnis zu diesem sozialistischen Bruderland entwickelt. Immer nur die üblichen Parteiparolen von einer Insel, die er sowieso nie hätte besuchen können. Und dann, nach 89, wo er sie hätte besuchen können, hatte Ronald Hänsch andere Sorgen. Im neuen Welt- und Zeitengefüge musste er sich erst einmal zurechtfinden. Doch im Jahr 2005 stieg Ronald Hänsch, Trompeter, Berufsmusiker, Lehrer und Leiter verschiedener Bands, in das Flugzeug und hob ab.
Heute würde Arnold Hänsch so oft er könnte in das Flugzeug steigen und die Stunden bis zu seiner Ankunft zählen. Kuba mon amour!
Anfang 2012 ist es wieder soweit. Hinflug am 19. Januar, zurück geht es Anfang Februar. Arbeitsbesuch in Havanna. Denn dann wird Ronald Hänsch wieder mit Alejandro Mayor und dessen Grupo Gala Mayor und der Sängerin Susana Orta López zusammentreffen, um gemeinsam aufzutreten und „La Fusión“ zu präsentieren. Das Album, das Ronald Hänsch mit den Musikern um den Schlagzeuger Alejandro Mayor im Juli aufgenommen hat. Innerhalb von nur fünf Tagen. Und obwohl Ronald Hänsch immer wieder befürchtet hatte, dass diese Aufnahmesession nie ein gutes Ende nehmen würde, hat er, der Kontrollfreak, wie Hänsch sich selbst nennt, doch wieder erfahren müssen, dass die Uhren auf Kuba anders ticken. Anders zwar, aber auf ihre Art genau richtig.
Es ist die Mentalität der Kubaner, die Ronald Hänsch seit seinem ersten Besuch auf Kuba im Jahr 2005 fasziniert. Und als besonderer Ausdruck dieser Mentalität die treibende und wilde und so ausgelassene Musik. „Allein diese Lautstärke. Dort ist einfach alles laut“, sagt Hänsch. Vor ihm auf dem Tisch im Babelsberger Lindencafé liegt die CD „La Fusión“ und neben ihm sitzt die Sängerin Susana Orta López, die zurzeit in der Schweiz lebt und für eine Präsentation von „La Fusión“ in Berlin für ein paar Tage nach Potsdam gekommen ist. Aber wenn Ronald Hänsch von Kuba erzählt, wirkt er für diese Momente wie ein Mensch, der längst schon wieder auf Reisen ist und das Glück der Fremde genießt.
Laut und hoch, so fasst Hänsch das typische Spiel kubanischer Trompeter zusammen. Und nun kommt er aus Potsdam, will nicht einfach nur mit den Musikern dort spielen, sondern sogar ein Album aufnehmen. Mit Eigenkompositionen!
Ronald Hänsch hat in den vergangenen Jahren regelmäßig auf Kuba gespielt. Er war beim Jazz-Plaza-Festival mit dabei, ist mit Big Pack, der Bigband der Städtischen Musikschule in Potsdam, nach Havanna gereist und hat mehrere Konzerte gegeben. Aber eine gewisse Unsicherheit ist ihm noch heute anzumerken, wenn er von seinen Zusammentreffen mit den kubanischen Musikern erzählt. Nach seinem Auftritt beim Jazz Plaza kam ein Trompeter auf ihn zu und lobte sein Spiel überschwänglich. „Und ich wusste nicht, meint der das ernst oder nimmt der mich nur auf den Arm“, sagt Hänsch mit seinem breiten Lächeln. Auch als er seine Kompositionen für „La Fusión“ an Alejandro Mayor weitergab, blieb diese Unsicherheit. Warum auch immer, wer „La Fusión“ hört, wird schon auf die Titelliste schauen müssen, um zu erfahren, wer hier welches Lied geschrieben hat, ob Kubaner oder Deutscher. Und dann erzählt Ronald Hänsch von den Aufnahmen zu diesem Album, die an einem Montag starten sollten, aber schon am Abend zuvor ihren unschönen Anfang nahmen: als Hänsch sich beim Abendbrot einen Backenzahn abbrach.
„Mein Gesicht zerfiel förmlich“, sagt Hänsch. Und man schaut ihn etwas irritiert an. Doch für ihn, den Trompeter, war dieser abgebrochene Backenzahn wie eine Handverletzung für einen Violinisten. Hänsch brauchte fast zwei Tage, um seinem Instrument die gewünschten Töne zu entlocken. Und dann war da noch diese besondere Atmosphäre im Tonstudio, in dem sich Hänsch oft genug wie in einer Bahnhofshalle vorkam. „Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu“, sagt er. Ein ständiges Kommen und Gehen und manchmal wussten selbst die Musiker nicht mehr, wer da gerade zu Gast war. Manchmal fragte Ronald Hänsch vorsichtig, warum sich hier schon wieder so heftig gestritten wird? Und dann schauten ihn die Kubaner erstaunt an. Hier streitet doch niemand! „Aber warum schreit ihr euch dann so an“, fragte Hänsch. Kein Geschrei! Nur die kubanische Mentalität im Gespräch.
Jetzt hält er „La Fusión“ in den Händen. Und es ist schwerlich zu leugnen: Ronald Hänsch ist ein glücklicher Mensch. Dann sagt Ronald Hänsch, dass das nächste Konzert von ihm und Grupo Gala Mayor im Februar geplant ist. „Wer uns also hören möchte, muss nach Havanna kommen.“ Und lacht. Und tatsächlich, nach allem, was man von ihm über Kuba und seine Erfahrungen gehört hat, fragt man Ronald Hänsch, was denn so ein Flug nach Kuba kostet.
„La Fusión“ ist auf dem Label „duo-phon-records“ erschienen. Weitere Informationen unter
www.duo-phon-records.de
Dirk Becker
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