Kultur: Spektakuläre Neuerwerbung
Schlösserstiftung ersteigerte bei Sotheby“s das preußisch-musikalische Service
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Eine spektakuläre Neuerwerbung ist der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gelungen. Sie ersteigerte bei Sotheby“s in London das so genannte preußisch-musikalische Service. Es war die erste Bestellung nach eigenen Wünschen und Entwürfen, die der Preußenkönig Friedrich II. im Jahr 1760, also noch im Siebenjährigen Krieg, bei der berühmten Meißner Porzellanmanufaktur auslöste. Zuvor hatte er allerdings bereits eine Menge Meißner Porzellan, so als Kriegsbeute aus den Schlesischen Kriegen, an sich gebracht. Das preußisch-musikalische Service befand sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der englischen Adelsfamilie Saumarez, die es in diesem Sommer zur Versteigerung freigegeben hatte. Stammvater des Geschlechts war der Seeheld James Saumarez (1757-1836), der zum Admiral aufstieg und den Fürstentitel Pear von England erhielt.
Die aus 155 Teilen bestehende kostbare und zerbrechliche Fracht traf jetzt im Neuen Palais ein. Hier wird sie vom Kustos der Porzellansammlung, Samuel Wittwer, den Winter über wissenschaftlich aufgearbeitet und dokumentiert. Wittwer hatte das Service bereits im Vorfeld der Versteigerung im September in London in Augenschein genommen, um die Echtheit zu prüfen und die Preisvorstellungen zu erkunden, die bei einer hohen sechsstelligen Eurosumme lagen. „Er freut mich außerordentlich, dass die Rudolf-Oetker-Stiftung und der Verein Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten durch großzügiges Sponsoring den Ankauf ermöglichten“, erklärte er gegenüber PNN. „Bisher befanden sich nur einige Einzelstücke des urspünglich mehrere hundert Teile umfassenden Services in unserem Besitz.“
Das Dessin symbolisiert den Krieg, die Musik und die Blumen. Deshalb stellen die Deckelknäufe der sieben großen Terrinen, die den Glanzpunkt der Erwerbung bilden, auch die Göttinnen Minerva, Flora und Venus dar. Außerdem zählen mit Blumenmalerei und Vergoldungen geschmückte Platten, muschelförmige Schalen und mehrere Dutzend tiefe und flache Teller zu dem Ankauf. Ihr gemeinsames Merkmal ist der mit grünen Schuppen (damals „Mosaiquen“ genannt) besetzte Rand. Dadurch unterscheiden sie sich von der 1762 in Auftrag gegeben Zweitfassung des Services, das nun in Rot und Gold gehalten und mit „indianischen Blumen“ bemalt war. Obwohl kein Geringerer als der berühmte Porzellankünstler und Modellmeister der Meißner Manufaktur, Johann Joachim Kaendler, die Wünsche des Königs für das Dessin festgehalten hat, gibt es über den Schöpfer des Services keine Klarheit. Einige Kunsthistoriker nennen dafür Friedrich Elias Meyer und für die Bemalung Jakob Friedrich Klipfel, die beide später für die Berliner Porzellanmanufaktur abgeworben wurden. Samuel Wittwer bezweifelt dies und verweist auch die Darstellung ins Reich der Legende, der Preußenkönig habe das Service später seinem bekannten Reitergeneral Hans Joachim von Zieten geschenkt.
Der Kustos, der jährlich in einem der Stiftungsschlösser aus den Porzellanschätzen eine Festtafel arrangiert, wird das preußisch-musikalische Service ab Mai 2007 im Neuen Palais zeigen. Wegen der Bedeutung der Neuerwerbung wurde dafür der repräsentative Marmorsaal ausgewählt. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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