Von Peter Buske: Spritzig und witzig
Im ersten Schlosskonzert der neuen Saison ehrt die Kammerakademie Jubilare
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Sonntägliches Kaiserwetter in Potsdam. Es verlockt allerdings eher zum ausgiebigen Spaziergang durch den Park Sanssouci als zum Besuch eines Schlosskonzerts im Neuen Palais. Auch das angekündigte Gipfeltreffen mit diesjährigen Jahresjubilaren, wobei drei der vier zu Ehrenden die Aura der Weltgeltung umgibt, kann nicht verhindern, dass Plätze im Schlosstheater leer bleiben. Die Kammerakademie Potsdam unter ihrem geigenden Projektleiter Bernhard Forck lässt es sich dennoch nicht verdrießen.
Die einleitende Hommage für Georg Friedrich Händel (250. Todestag) fällt allerdings ein wenig dürftig aus. Zwei Sätze aus der 2. „Wassermusik“-Suite sind nicht mehr als eine Art von Warmspielmusik. Fröhlich, lebendig und mit detailreicher Akkuratesse klingt sie auf. Blamabel hören sich dagegen die beiden Naturhörner an, die bei ihren Signaleinwürfen im „Hornpipe“-Satz restlos die Intonationscontenance verlieren. Nichts gegen die Annäherung an einen authentischen Klang, aber bei solchem ohrenstrapaziösen Detonieren wünschte man sich doch ein modernes, sicher geblasenes Waldhorn als Notenvermittler.
Gleich zwei Anlässe zur Ehrung (300. Geburtstag/220. Todestag) bietet Franz Xaver Richter, Komponist, Geiger und Sänger der Mannheimer Hofkapelle. In seiner Sinfonie F-Dur für Streicher geht es nach einleitenden punktierten Rhythmen à la überlieferter Barockouvertüre mit schnellen Geigenläufen in die Gefilde der Vorklassik. Rasch entwickeln sich sturm-und-drängerische Verwicklungen. Affektgeladene Modulationen und leidenschaftliche Einwürfe markieren die stilistische Nahtstelle ebenso wie unterschiedliche Bogenführung und differenzierter Vibratogebrauch. Die Potsdamer führen den damals neuen Mannheimer Stil auch im ausdrucksstarken Andante und fidelen Prestofinale vorzüglich vor.
Anlässlich seines 200. Geburtstages dürfen sich die Zuhörer an glückliche Kindheitstage von Felix Mendelssohn Bartholdy erinnern, an denen der 12-Jährige Streichersinfonien komponierte. In der geradezu draufgängerisch musizierten Nr. 7 (d-Moll) legt der Knabe seine bachgeprägten kontrapunktischen Kunstfertigkeiten wie in einem Schulaufsatz dar. Sie verbinden sich mit Beethovenschem Brio auf höchst eigene und ansprechende Art. Zarte Hinwendung zu aufsprießenden Romantiktrieben zeichnet das zärtlich gespielte Andante aus. In Haydn’scher Machart kommt die einsätzige Nr. 10 (h-Moll) daher: einer langsamen, intensiv musizierten Einleitung folgen die Aufgeregtheiten des Allegroteils. Das Weitere spult sich wie ein gut geöltes Uhrwerk ab, bei dem manch geheimnisvoll Raunendes aus dem Elfenwald mit von der Partie ist.
An Haydns 200. Todestag will die Sinfonie Nr. 75 D-Dur erinnern, in der sich der Meister als Wiener Klassiker offenbart. Der intensiv ausgedeuteten Grave-Einleitung folgt abrupt der Sprung ins kalte (Presto-)Wasser. Und da „krault“ die Kammerakademie in Höchstform die vier Satz-„Bahnen“ in rekordverdächtiger Zeit. Trainer Bernhard Forck hält die um einen fast kompletten Bläsersatz verstärkte Truppe zu sehr kontrastierendem Musizieren an. Er lässt kurz phrasieren, akzentbetont bis zum Bersten artikulieren. Verinnerlicht klingt der Variationensatz (Adagio) vorüber, gefolgt von einem vorschlagsreichen Menuetto und mündend in die idyllischen, kecken, tänzerisch beschwingten, witzig und spritzig ausgebreiteten Turbulenzen des Finales. Ähnlich gerät der Beifall.
Peter Buske
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