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Kultur: „Staatliche Denkmalpflege ist ein Muss“ Ein Gespräch mit dem Architekten Christian Keller

Am morgigen Sonntag lädt die Brandenburgische Architektenkammer am „Tag der Architektur“ zur Besichtigung von 43 restaurierten oder neuen Häusern ein. Wir kamen mit dem Cottbuser Architekten Christian Keller, der zum Vorstand der Brandenburgischen Architektenkammer gehört, ins Gespräch.

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Am morgigen Sonntag lädt die Brandenburgische Architektenkammer am „Tag der Architektur“ zur Besichtigung von 43 restaurierten oder neuen Häusern ein. Wir kamen mit dem Cottbuser Architekten Christian Keller, der zum Vorstand der Brandenburgischen Architektenkammer gehört, ins Gespräch.

Warum steht der Brandenburgische Tag der Architektur am morgigen Sonntag unter dem Motto „Moderne trifft Erbe“?

Das Motto bezeichnet eines der großen Arbeitsfelder der brandenburgischen Architekten. In den neuen Bundesländern gibt es einen sehr großen Bestand an alten Gebäuden, die weitgehend unverändert sind. Diese Gebäude unter anderem zu neuen Wohnräumen umzubauen, ist eine Hauptaufgabe der Architekten in Brandenburg.

Was sind das für Altbauten?

Aus den unterschiedlichsten Zeiten, zum größten Teil aber aus der Zeit zwischen 1700 und 1900, die darauf warten, saniert, umgebaut und erweitert zu werden, um entsprechend den heutigen Standards genutzt werden zu können.

Aber dieses Motto „Moderne trifft Erbe“ wohnt doch als Prinzip eigentlich jeglicher Architektur inne.

Vom Grundsatz her schon. Denn es gibt in den seltensten Fällen das Bauen auf der grünen Wiese ohne jegliche Einflüsse. Aber was wir mit diesem Motto durchaus hervorheben wollen, ist das ganz eng gefasste Blickfeld auf den Bestand historischer Gebäude hier in Brandenburg. Aber ergänzt um Erweiterungen und moderne Anbauten.

Was macht den Brandenburgischen Tag der Architektur so besonders? Gebäude kann man sich doch jeden Tag anschauen.

Das Hauptaugenmerk liegt auf Gebäuden, die eine öffentliche Funktion haben. Aber heute besteht die Möglichkeit, mehr von diesen Gebäuden zu sehen, als sonst üblich. Darüber hinaus sind es die privaten Wohnhäuser, die zum Teil geöffnet sind. Die Architekten sind vor Ort und stehen für Gespräche und Erklärungen zur Verfügung. Die erzählen auch über die Schwierigkeiten bei der Sanierung, denn es braucht eine gehörige Portion Wissen im Umgang mit dem Bestand.

Es gibt auch Beispiele, wo der Wiederaufbau historischer Gebäude ohne moderne Elemente angestrebt wird.

Wir haben allgemein eine Tendenz zum rückwärtsgewandten Bauen. Die sehr erfolgreiche Rekonstruktion der Dresdener Frauenkirche hatte da eine große Signalwirkung. An vielen Orten gibt es Debatten über die Rekonstruktion von Stadtschlössern, so auch in Berlin und Potsdam. Wir als Architekten hinterfragen kritisch, wie sinnvoll es ist, die Fassade eines Gebäudes zu rekonstruieren, die sich auf eine Monarchie bezieht, um darin dann ein demokratisch gewähltes Gremium unterzubringen.

In Potsdam wird der Wiederaufbau des Stadtschlosses auch mit der Rekonstruktion der historischen Mitte begründet.

Das ist durchaus nachvollziehbar. Auf städtebaulicher Ebene ist der Ruf nach Wiederherstellung der historischen Mitte legitim, weil eine Fehlstelle besetzt werden soll. Aber es ist nicht unbedingt notwendig, dass die Kubatur wieder aussehen muss wie ein friderizianisches Schloss. Man kann diese Mitte auch mit modernen Mitteln wieder herstellen. Uns geht es darum, Modelle zu zeigen. Wie kann Altes und Neues zusammengehen.

Haben Sie als Architekt schon Gebäude in Potsdam betreut?

Nein, in Potsdam noch nicht. Unsere Bauten liegen mehr im südlichen Brandenburger Raum.

Dann werden Sie auch nicht von der aktuellen Diskussion um das Potsdamer Bau- und Denkmalamt und den Battis-Bericht betroffen sein. Können Sie trotzdem etwas über ihre Erfahrungen mit dem Denkmalschutz erzählen?

Meine Erfahrungen mit dem Denkmalschutz sind unterschiedlich. Grundsätzlich ist die Denkmalpflege eigentlich ein wichtiger Partner für die Architekten, weil wir gemeinsame Ziele haben. Denn historische Gebäude sind Wissensspeicher, die es zu erhalten gilt. Darum denke ich, eine staatliche Denkmalpflege ist ein Muss. Natürlich gibt es in Einzelfällen immer wieder Dissonanzen. Im Zweifelsfall hat die Denkmalbehörde aufgrund ihrer Stellung die Entscheidungshoheit. Das heißt, es kann auch immer gegen mich entschieden werden. Als Architekt sehe ich das natürlich anders als ein Nutzer, für den solche Entscheidungen auch immer mit Geld zu tun haben.

Aber für einen Hauseigentümer mag es doch sehr fragwürdig erscheinen, wenn er an seinem Haus einen Giebel mit einem Stück Balken erhalten muss, was zu aufwändigen Bauarbeiten führt und besagter Balken dann unter Putz verschwindet. Stellt sich Ihnen da nicht auch die Frage nach Sinn und Unsinn solcher Auflagen?

Es gibt Fälle, wo man an nur ganz wenigen Häusern noch eine mittelalterliche Fügetechnik findet. Da wurden Balken auf eine ganz besondere Art und Weise zusammengesetzt. Selbst wenn diese Balken nach der Sanierung unter Putz verschwinden, ist das dokumentiert in den Unterlagen der Denkmalbehörde. Es ist für viele natürlich nicht immer nachvollziehbar, warum das so gemacht wird. Doch muss man in diesen Fällen den wissenschaftlichen Hintergrund sehen und nicht so sehr den des täglichen Nutzens.

Was erwarten Sie persönlich von dem Tag der Architekten?

Ich denke, dass es eine gute Gelegenheit ist, noch mehr ins Gespräch mit einer interessierten Öffentlichkeit zu kommen. Es gibt leider noch immer zu viele Vorurteile gegenüber Architekten, wie das vom schwarzbehemdeten Porschefahrer, der seine Finka auf Mallorca hat.

Also nicht nur ein Tag der Architektur, sondern auch ein Tag der Architekten?

Ja, beides. Aber vor allem ein Tag des Verständnisses für Architektur.

Das Gespräch führte Dirk Becker

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