Kultur: Stadtansichten
Neue Filmreihe zu „Stadt-Bild / Kunst-Raum“
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Es ist eine Szene, die Erinnerungen an ein unbeholfen-neugieriges Lebensgefühl weckt: Wenn der Berliner Maler Konrad Nebel auf der Straße steht und Häuser skizziert, während ihm Passanten dabei über die Schulter schauen. Selbst ein Volkspolizist bleibt stehen, versucht leicht verrenkten Kopfes die auf dem Zeichenblock eingefangene Perspektive nachzuvollziehen. Eingefangen ist diese Sequenz in dem Dokumentarfilm „Stadtlandschaften“, der 1981 unter der Regie von Karlheinz Mund entstand. Ebenso authentisch, aber auch zugespitzter, spiegelt sich dieses Lebensgefühl in einer Szene von Jürgen Rohnes filmischer Beobachtungen „Ein Pleinair“, die er 1978 als Regiestudent an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen drehte: Eine alte Frau teilt einer Malerin, die mehrere Tage lang gegenüber ihrer Wohnung arbeitete, unverhohlen die Enttäuschung darüber mit, letztendlich doch nicht auf dem Bild zu sein. Zu sehen waren beide Filme am Dienstagabend im Filmmuseum als Auftakt einer Reihe von Dokumentar-, Spiel- und experimentellen Filmen, die die Ausstellung „Stadt-Bild / Kunst-Raum“ im benachbarten Potsdam Museum begleitet.
„Stadtlandschaften“, für den der spätere Bundespräsident Wolfgang Thierse das Drehbuch schrieb und den – sprachlich dichten – Kommentar sprach, zeigt die unterschiedlichen ästhetischen Auseinandersetzungen der Maler Konrad Knebel, Klaus Magnus und Uwe Pfeifer mit ihrer urbanen Umgebung. Die Herangehensweisen und künstlerischen Techniken von Konrad Knebel, der die Straßen im Prenzlauer Berg festhält, Klaus Magnus, dessen großformatige Grafiken die Stadtlandschaft am Berliner Rand zeigen, und Uwe Pfeifer, der die Industriearbeiterstadt Halle-Neustadt malt, könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber „ganz automatisch“, wie die Journalistin und Filmemacherin Christina Tschesch feststellte, die das Gespräch mit Karlheinz Mund und Jürgen Rohne moderierte, zeigt der Film auch den Zustand der Städte. „Was wir damals auf keinen Fall vorhatten“, sagte Karlheinz Mund, „war, einen Film zum Zustand unserer Stadtansichten zu machen. Uns reizte wirklich, wie die Maler das abbilden.“
„Stadtlandschaften“ habe es dennoch schwer gehabt. Erst hätte er mit seiner Länge angeblich nicht ins Programm gepasst, dann hätte der Progress-Filmverleih zwar ein Extra-Programm zusammengestellt, das zwar für Galerien geeignet, jedoch für den normalen Kinoeinsatz zu speziell gewesen sei. „Wir machten den Film, aber hatten eine Abstinenz im Lichtspielwesen“, so Karlheinz Mund. „Aus nostalgischer Erinnerung“ heraus tat es dem Regisseur ein bisschen weh, dass die Patina der Städte, die dank der kontrastreichen Kameraarbeit Christian Lehmanns deutlich zum Ausdruck kommt, inzwischen nicht mehr sichtbar ist. Und wollte dann von der Moderatorin wissen, wie es ihr geht, wenn sie das sieht. „Es ist ein wertvolles Zeitdokument, was sie da geschaffen haben“, so Christina Tschesch und ergänzte, dass der Film bei ihr Nostalgie hervorrufe, aber auch ein Staunen darüber, was für ein Kontrast festgehalten sei.
Jürgen Rohne, der in „Ein Pleinair“ eine Gruppe von zehn internationalen Malern bei ihrer Arbeit in Potsdam beobachtet hat, wollte in seinem Hauptprüfungsfilm unbedingt diese Stadt thematisieren. Ihn ärgere, dass die Filmkünstler zu DDR-Zeiten viel zu wenig in Potsdam gedreht haben. „Die Maler haben Potsdam viel gemalt, die Stadt ist bildnerisch sehr gut dargestellt, aber im Film leider zu wenig“, so Rohne. Gabriele Zellmann
Gabriele Zellmann
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